EU-Energiepolitik: Atomstrom ist jetzt Umweltschutz

Die EU-Kommission will den Bau neuer Kernkraftwerke erleichtern und entsprechende Subventionen ermöglichen. Es ist eine konsequent Folge der EU-Atompolitik.

Gibt es bald neue AKWs in Europa? Die EU-Kommission hätte nichts dagegen. Bild: dpa

BERLIN/BRÜSSEL taz | Für die EU-Kommission gehört Atomstrom unabdingbar zur Zukunft Europas. So steht es seit zwei Jahren im Energiefahrplan 2050 der EU, jetzt sollen die Mitgliedsstaaten auch entsprechend handeln können. Der Entwurf einer Richtlinie von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia, der der taz vorliegt, sieht staatliche Zuschüsse zum Kraftwerksbau vor.

Prinzipiell darf kein EU-Staat Subventionen an die Wirtschaft zahlen, das würde den Regeln des freien Marktes widersprechen. Allerdings gibt es zahlreiche Gründe für Ausnahmen, einer davon soll nun auf die Atomkraft angewendet werden: Umweltschutz.

„Diese Richtlinien gelten für staatliche Hilfen für den Umweltschutz“, schreibt die Kommission in dem Entwurf und zählt auf, was sie darunter versteht: etwa CO2 aus Kohlekraftwerken abzutrennen und zu speichern (CCS) oder eben Atomkraft.

Zudem verweist die Kommission auf die Euratom-Verträge von 1957, nach denen die heutigen EU-Staaten sich verpflichten, die Atomkraft zum Wohle aller zu fördern. Insofern bereitet die EU nicht die Rückkehr der Atomkraft vor, sie sorgt nur dafür, dass die Rahmenbedingungen für den AKW-Bau stimmen.

Ein europäischer „Club der Atomkraftfreunde“

Das ist momentan nicht der Fall: Großbritannien will ab Ende des Jahres Atomstrom stärker fördern als Windstrom. „Das bestätigt nur, dass sich Atomkraft marktwirtschaftlich längst nicht mehr rechnet“, sagte Claudia Kemfert, Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Von einem „Club der Atomkraftfreunde“ um EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) spricht die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms. „Marode Atomkonzerne sollen mit hohen und langjährigen Staatsbeihilfen flott gemacht werden“, schimpft sie.

Aus der EU-Kommission kam ein lauwarmes Dementi. Man arbeite an Leitlinien für staatliche Beihilfen im Energiebereich, weil es bisher keine gebe, sagte ein Sprecher von Almunia. Der Entwurf sei jedoch noch nicht von der EU-Kommission abgesegnet, zudem sei eine öffentliche Konsultation geplant. „Die EU-Kommission möchte in keiner Form zu Subventionen für Kernkraft ermuntern“, so ein Sprecher. Das sei auch gar nicht die Aufgabe der EU, da die Mitgliedsstaaten selbst über ihren Energiemix entscheiden.

Schon seit vergangenem Jahr ist bekannt, dass Almunia ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland prüft – wegen der Ausnahmen für die Industrie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz. Berlin protestiert, das Verfahren ist jetzt auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagt. Die nun vorgeschlagene Richtlinie könnte diesen Streit entschärfen: Dort steht auch, dass Beihilfen für erneuerbare Energien zulässig sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.