EU-Gipfel zu Westbalkanstaaten: Wir wollen euch jetzt doch

Der wachsenden Einfluss von Russland und China auf dem Balkan hat die EU alarmiert. Ein Beitritt der Staaten wird wieder wahrscheinlicher.

Mehrere Politiker auf einem Platz in Triest

Gipfeln, wo andere Urlaub machen: Boris Johnson und andere Politiker am Mittwoch in Triest Foto: ap

SPLIT taz | Die Zukunft der Westbalkanstaaten liegt in der EU, heißt es in der Abschlusserklärung eines Gipfeltreffens in Triest, an dem mehrere EU-Länder und Vertreter Serbiens, Montenegros, Albaniens, Mazedoniens, Bosnien und Herzegowinas und des Kosovo am Mittwoch teilgenommen haben. Angesichts der sich verschärfenden Gegensätze in der Region versucht die EU, die Konflikte durch eine vertiefte wirtschaftliche Zusammenarbeit zu entschärfen. Der österreichische Außenminister Kurz betonte, die Region habe unmittelbare Auswirkungen auf die Stabilität und die Sicherheit in der EU.

Die deutsche Bundeskanzlerin hatte vor drei Jahren den „Berlin-Prozess“ gestartet, es folgten Balkan-Konferenzen in Wien und Paris. Sinn der alljährlichen Treffen ist es, die europäische Integration der südosteuropäischen Staaten voranzutreiben. Die seit dem Brexit augenfällige Krise der EU hatte in letzter Zeit die Chancen auf eine Integration des Westbalkans in die EU als wenig wahrscheinlich erscheinen lassen. Auf die Integration wartet die Region seit dem Versprechen auf dem EU-Gipfel in Thessaloniki vor 14 Jahren. Nur Kroatien (2013) und Slowenien (2004) konnten seither der Union beitreten.

Während die Anziehungskraft der EU geschwunden ist, versuchen Russland, die Türkei, China und Saudi-Arabien das politische Vakuum zu nutzen und ihren Einfluss politisch, wirtschaftlich und militärisch auszubauen. So beherrscht Russland schon jetzt den Energiemarkt und gibt Militärhilfe an Serbien, China will eine Hochgeschwindigkeitsbahn von Belgrad nach Budapest bauen, die Türkei und Saudi-Arabien nehmen vor allem ideologisch Einfluss auf die muslimischen Bevölkerungen des Balkan.

Dagegen machen sich nun vor allem die benachbarten Staaten Italien, Slowenien, Kroatien und Österreich für eine Aufnahme der Westbalkanländer stark. Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni und der französische Präsident Emmanuel Macron sicherten der Region Solidarität zu, pochten aber auch auf Reformen, den Kampf gegen Korruption und eine engere Zusammenarbeit der Länder auf dem Westbalkan untereinander. Es soll keine Abstriche von den EU-Beitrittskriterien geben, dies betonte auch die Bundeskanzlerin.

Die Reaktionen in Sarajevo, Belgrad und Tirana auf diese Vorschläge sind verhalten. „Wird da an einem neuen Jugoslawien gebaut?“ fragt die bekannte Publizistin Evliana Beroni aus dem Kosovo. Einig sind sich die betroffenen Länder jedoch darin, dass der wirtschaftliche Aufschwung schnell kommen muss. Denn „wenn Europa unsere Staaten nicht aufnimmt, kommen unsere jungen Leute nach Europa“. Allein aus Bosnien wanderten 2016 rund 60.000 ausgebildete junge Leute in den Westen aus.

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