EU-Innenministertreffen in Luxemburg: Druck auf Serbien

Die zunehmende Einreise von Flüchtlingen über die „Balkanroute“ beschäftigt die EU-Innenminister. Brüssel droht Serbien wegen seiner Visa-Politik.

Meschen gehen durch die Nacht

Majdan, Serbien, Mai 2021: Geflüchtete versuchen bei nacht die Grenze zu Rumänien zu überqueren Foto: Michael Buel/Le Pictorium/imago

BERLIN taz | Auf ihrem Treffen in Luxemburg am Freitag machten die EU-Innenminister Druck auf Serbien. „Eins der drängendsten Themen, die wir auf der Tagesordnung haben, ist Serbien, weil Serbien eine Visa-Praxis hat, die nicht sehr schön ist“, sagte Bundesinnenministerin Nany Faeser (SPD). Diese orientiert sich daran, welche Staaten den Kosovo nicht anerkennen. Das sei „nicht akzeptabel“, so Faeser. Das Land müsse „jetzt die Visa-Praxis ändern, nicht irgendwann, sondern jetzt.“

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson kündigte an, in Gesprächen mit den Balkanstaaten noch stärker darauf zu dringen. Sollten diese sich nicht kooperativ zeigen, könne Serbien die seit 2009 geltende Visa-Freiheit für den Schengen-Raum entzogen werden.

Zuletzt war vielfach vor einem Anstieg der Migration über die Balkanroute gewarnt worden. 2022 registrierte die EU-Grenzschutzagentur Frontex bislang rund 106.000 Menschen, die auf deisem Weg in die EU kamen. Das sind etwa dreimal so viele wie im Vorjahr. Allerdings sagt diese Zahl wenig über das tatsächliche Migrationsgeschehen aus. Da alle Staaten des Westbalkans von EU-Mitgliedsstaaten umgeben sind, waren die meisten, die hier von Frontex gezählt werden, bereits zuvor in die EU eingereist – in der Regel über Griechenland, Bulgarien oder Rumänien. Über diese Länder ist das Einreisegeschehen – von UkrainerInnen abgesehen – aber derzeit eher konstant.

Serbien ist eine Ausnahme: Es lässt relativ großzügig Menschen als Ländern einreisen, die mit Blick auf das Kosovo die Linie der Regierung in Belgrad teilen. Die Zahl der irregulären Ankünfte über Serbien in der EU hat sich deshalb bei einigen Herkunftsländern stark erhöht. So registrierten die Behörden in den ersten acht Monaten des Jahres beispielsweise knapp 4.500 Ankünfte von Menschen aus Indien – knapp acht mal so viele wie im Vorjahr. Auch die Zahl der Ankünfte in der EU von TunesierInnen, Kuba oder Burundi über Serbien stieg an.

Bereits am Donnerstag hatte der Rat eine Kooperationsvereinbarung zwischen der EU-Grenzschutzagentur Frontex und der Republik Nordmazedonien angenommen. Die Agentur kann künftig so genannte „Grenzverwaltungsteams“in das Land entsenden. Es ist nach Albanien, Montenegro und Serbien die vierte Vereinbarung mit einem benachbarte Nicht-EU-Land, dass der Agentur faktisch ermöglicht, dort eigenständig Tran­sit­mi­gran­t:in­nen zu kontrollieren, zurückzuweisen und teils abzuschieben.

Warnung vor Instrumentalisierung von Flüchtlingen

Die Innenminister berieten auch über einen Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Schengen-Regelungen. Die Kommission will Mitgliedsstaaten strengere Kontrollen und ein verschärfteres Asylrecht zugestehen, wenn Flüchtlinge von Nachbarstaaten „instrumentalisiert“ und mit politischer Absicht über Grenze gelassen oder getrieben werden – etwa wie 2021 aus Belarus nach Polen.

Am Donnerstag hatte sich dabei der EU-Ausschuss der Regionen gegen die Kommissionspläne gestellt. Wann eine solche „Instrumentalisierung“ vorliegt, sollte nicht von einem Mitgliedstaat allein entschieden werden dürfen, so der Ausschuss in einer Stellungnahme. Zudem sollte dies nicht zur Folge haben, dass der „im internationalen Asylrecht festgelegte Schutz abgeschwächt“ wird. Polen, Lettland und Litauen hatten 2021 von einer „hybriden Bedrohung“ und „Instrumentalisierung“ gesprochen und waren daraufhin mit schwerer Gewalt gegen Ankommende vorgegangen.

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