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EU-Kommission gegen Apple, Google, SnapEuropa will die Jugend schützen

Google und Apple sowie Snapchat und YouTube nehmen den Kinder- und Jugendschutz nicht ernst, kritisiert die EU - und wird nun aktiv.

Haben ein Recht auf Teilhabe an Medien, auch an soziale Medien

Berlin taz | Noch ist es kein Verfahren, aber immerhin: Die Europäische Kommission verlangt von einigen Tech-Konzernen jetzt Auskunft darüber, wie sie Kinder auf ihren Plattformen schützen.

Die App-Stores von Apple und Google sind im Visier der Behörde aus Brüssel, ebenso die Video-Plattformen Snapchat und Youtube, die zum Google-Konzern gehört. Die Kommission vermutet, dass die Sicherheitsvorkehrungen bei diesen Diensten nicht ausreichend sind.

Das erklärte die Vizepräsidentin der Kommission, Henna Vikkunen, laut Nachrichtenagenturen am Freitag auf einem Treffen der EU-Digitalminister in Dänemark. Grundlage für die Überprüfung ist der Digital Services Act (DSA) der EU.

Der soll unter anderem dafür sorgen, dass illegale Inhalte auf Plattformen einfacher gemeldet werden können und von den Betreibern schneller entfernt werden. Und er schreibt europäische Vorgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen fest.

Sind Nutzer*innen ehrlich?

Den erwähnten Diensten werden von der EU unterschiedliche Fehler vorgeworfen. Bei allen geht es aber um das Alter der User*innen.

Bei Snapchat, wo User*innen sich gegenseitig Nachrichten, Fotos und Bilder schicken, aber auch anderen, öffentlichen Profilen folgen können, liegt das Mindestalter für die Anmeldung bei 13 Jahren. Bei Youtube dürfen User*innen sich erst anmelden, wenn sie mindestens 16 Jahre alt sind.

Tatsächlich reicht es bisher aber aus, bei der Anmeldung ein passendes Geburtsdatum anzugeben. Wie also überprüfen die Plattformen, ob die Nutzer*innen dabei ehrlich sind? Diese Frage möchte die EU-Kommission beantwortet bekommen.

Bei den App-Stores möchte die Kommission Antworten darauf, ob Minderjährige Apps herunterladen können, die für sie nicht geeignet oder gefährlich sind, etwa solche mit pornografischen Inhalten. Oder Spiele-, Casino- und Sportwetten-Apps, die süchtig machen können. Um Sucht geht es auch bei Fragen an Youtube. Die Plattform soll Angaben zu seinen Algorithmen machen.

Suchtgefahr erhöht

Die Kommission geht davon aus, dass die personalisierten Empfehlungen dazu beitragen könnten, die Suchtgefahr zu erhöhen. Der Vorwurf, User*innen – insbesondere Kinder – per Algorithmus einer erhöhten Suchtgefahr auszusetzen, ist dabei nicht neu.

Im Oktober 2024 wurden sogar interne Untersuchungen der Video-Plattform Tiktok bekannt, die zeigen, dass sich das Unternehmen der Suchtgefahr bewusst ist. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will bis Ende des Jahres sogar eine Expert*innengruppe zum Thema zusammenstellen.

Bei Snapchat kommt noch ein weiterer Punkt zur Alterskontrolle hinzu. Die EU will wissen, in wie weit das Unternehmen verhindert, dass User*innen dort illegale Waren kaufen können wie etwa Drogen.

Diese Anfragen der Kommission sind eine der frühen Stufen, die der DSA vorsieht zur Durchsetzung von Schutzmechanismen. Die Konzerne können auf die Anfragen antworten und ihre Kinder- und Jugendschutzmechanismen erklären. Sie können sie außerdem verbessern. Erst ein späterer Schritt wäre die Eröffnung eines Verfahrens, an dessen Ende auch Bußgelder stehen können.

Apps im Test

Solche Verfahren laufen bereits gegen unterschiedliche Plattformen, etwa gegen Tiktok und Meta, den Konzern, zu dem Instagram, Facebook und Whatsapp gehören. Die Themen sind die gleichen: Suchtgefahr und Alterskontrollen.

Alterskontrollen oder gar Social-Media-Verbote für Jugendliche werden ohnehin seit Jahren diskutiert. Innerhalb der EU gibt es mehrere Länder, die bereits Apps testen, mit denen User*innen ihr Alter verifizieren sollen. Auch in Deutschland wird aktuell nach einer technischen Lösung gesucht, um Jugendliche bis zu einem Gewissen Alter von sozialen Medien auszuschließen. Wo die Altersgrenze liegen soll, ist bisher nicht ausgemachte Sache.

Viele Expert*innen kritisieren das. So sprach sich 2024 etwa auch die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz gegen einen Ausschluss Jugendlicher aus. Sie schrieb: „Kinder haben gemäß Artikel 17 der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf Teilhabe an Medien. Dazu gehören heute auch soziale Medien.“ Sie auszuschließen, stelle „einen Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention dar“.

Dass die Kommission jetzt die Anfragen an die Tech-Unternehmen gestellt hat, könnte auch ein Zeichen in Richtung USA sein. Von dort wurde der DSA zuletzt immer wieder angegriffen, insbesondere von Donald Trump. Er betrachtet die Gesetze als wettbewerbsfeindlich. Das ist ebensowenig überraschend wie die „Zensur“-Rufe mancher Konzern-Chefs wie Mark Zuckerberg. (mit afp und dpa)

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