EU-Kommission und Glyphosat-Debatte: Brüssel hat keine Zeit für Emotionen

Christian Schmidts Einsatz für mehr Umweltschutz kann in Brüssel niemand so recht bestätigen. Die Glyphosat-Nutzung könnte aber beschränkt werden.

Ein Mann mit Halbglatze und in Anzug steht an einem Rednerpult mit Mikrofon

Hat er sich auch für die Umwelt eingesetzt oder hat er nicht? Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Kein Wort über Christian Schmidt. Als die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel zum Ausgang des zweieinhalbjährigen Gezerres ums Glyphosat befragt wird, ist ihr der deutsche Agrarminister keine einzige Erwähnung wert. „Wir haben keine Zeit für Emotionen, wir arbeiten“, entgegnet eine Sprecherin auf Nachfragen zum Skandal, den Christian Schmidts Entscheidung für Berlin bedeutet.

In der Brüsseler Behörde ist man froh, das leidige Glyphosat-Kapitel endlich zu den Akten legen zu können. Noch vor dem 12. Dezember soll nun die neue, fünfjährige Lizenz für das umstrittene Pflanzenschutzmittel im Europäischen Amtsblatt erscheinen. Erst danach will sich die Kommission mit der Europäischen Bürgerinitiative befassen, die mehr als eine Millionen Unterschriften gegen die Neu-Zulassung des Glyphosats gesammelt hat.

Was aber ist dran an Schmidts Behauptung, er habe mit seinem Ja noch ein paar Verbesserungen im Umweltschutz herausgeschlagen? Das kann – oder will – niemand so genau sagen. Die EU-Kommission schweigt.

Aus dem Europaparlament heißt es, beim Beschluss über die fünfjährige Verlängerung seien Kommission und Mitgliedstaaten weitgehend einer Empfehlung des Parlaments gefolgt. Das sagt der Vorsitzende des Umweltausschusses, Peter Liese (CDU) – und widerspricht dann im Detail seinem bayerischen Parteifreund Schmidt: Zwar werde die Verwendung von Glyphosat künftig beschränkt, zum Beispiel bei der Behandlung vor der Ernte. Doch diese Einschränkung hätte man noch präziser fassen können.

Paris und Rom für Gegenmaßnahmen

„Dass vor der Ernte die Kulturpflanze abgetötet wird, um die Arbeit mit den Erntemaschinen zu erleichtern, entspricht nicht der guten landwirtschaftlichen Praxis“, so Liese. Hätte Deutschland mit einer Stimme gesprochen und das Umweltministerium sich auf Kompromisse eingelassen, „wäre da vielleicht noch eine strengere und präzisere Formulierung möglich gewesen“.

Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass Schmidt wohl doch nicht so heroisch und erfolgreich für den Umweltschutz gekämpft hat, wie er nun behauptet.

Zudem belastet sein Alleingang die Beziehungen zu Frankreich, Italien und Belgien, die strikt gegen die nun beschlossene 5-Jahres-Lizenz waren.

Und Paris und Rom sinnen schon auf Gegenmaßnahmen. So kündigte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron an, glyphosathaltige Produkte spätestens in drei Jahren aus dem Verkehr zu ziehen. Das EU-Recht lässt das zu: Die Entscheidung vom Montag bezieht sich nur auf die Zulassung von Glyphosat, nicht auf dessen Verwendung. Sie kam übrigens nur mit einer äußert knappen Mehrheit zustande – mit den Stimmen von 65,71 Prozent der Bevölkerung in der EU. 65 Prozent waren nötig. Schmidt gab den Ausschlag.

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