Ebola-Tagebuch – Folge 1: Ärzte, Ärzte, Ärzte

„Sobald ein Behandlungszentrum öffnet, ist es sofort überfüllt“: Liberia zählt über 1.000 Ebola-Tote, Tausende neue Fälle werden erwartet.

Liberias Hauptstadt Monrovia, 4. September: Für diesen im Sterben liegenden Mann gibt es lediglich Desinfektionsmittel. Bild: ap

BERLIN taz | Kein Land ist stärker von Ebola betroffen als Liberia. Das Land zählt laut Weltgesundheitsorganistion (WHO) 1.089 der 2.105 bis Ende letzter Woche in Westafrika bestätigten Ebola-Todesfälle, laut liberianischer Regierung sind es 1.224. „Mehrere tausend neue Fälle in den nächsten drei Wochen“ erwartet jetzt die WHO: insgesamt 20.000 in Liberia, Guinea und Sierra Leone in den nächsten sechs Monaten. Das ergibt wohl über 10.000 Tote.

Was braucht Liberia? Ärzte, Ärzte, Ärzte. Laut Volkszählung von 2006 zählte Liberia damals 51 Ärzte auf 3,8 Millionen Einwohner. Inzwischen leben in Liberia 4,4 Millionen Menschen und es arbeiten im Gesundheitswesen rund 5.000 Menschen. Dass sich davon bislang 160 mit Ebola angesteckt haben, von denen 78 gestorben sind, ist für das kleine Land verheerend.

„Sobald ein neues Behandlungszentrum öffnet, ist es sofort überfüllt“, so die WHO. Die Regierung plant nun neue Ebola-Kliniken, zum Beispiel eine mit 1.000 Plätzen im besonders schwer betroffenen Bezirk Bong. Aber wer soll das stemmen? Nach WHO-Richtlinien sind schon für 70 Ebola-Betten 200 bis 250 Mitarbeiter nötig.

Das Paradox: In Liberia steht eine hervorragend ausgestattete UN-Blauhelmmission – Überbleibsel des Bürgerkrieges, der vor elf Jahren zu Ende ging. Sie zählt derzeit knapp 5.000 Mann und verfügt selbstverständlich über eine gute medizinische Infrastruktur. Am Kampf gegen Ebola beteiligt sie sich bisher allerdings allein durch Radiosendungen. Ihr Mandat läuft am 15. September aus. Der UN-Sicherheitsrat wird sich jetzt befassen.

Derweil warten Liberias Kranke weiter. In Banjor, einem Viertel der Hauptstadt Monrovia, begleitete ein Journalist dieser Tage ein Team des Roten Kreuzes: Zwei Pfleger in Schutzkleidung gehen in ein Haus, auf das der Quartierchef sie verwiesen hat. Vor der Tür röchelt ein kranker 40 Jahre alter Mann, drinnen soll eine alte Frau im Sterben liegen.

Die Pfleger kommen wieder heraus. „Wir sind nur für Leichen zuständig“, ermahnt einer von ihnen den Quartierchef. „Bevor Sie uns anrufen, stellen Sie fest, ob die Person tot ist. Um Kranke kümmern sich andere.“ Der Quartierchef stammelt. „Ja, Sir. Wir rufen Sie dann wieder an, wenn die beiden tot sind. Danke, dass Sie gekommen sind.“

Die taz berichtet ab sofort täglich im „Ebola-Tagebuch“ über die Entwicklung und Folgen der Ebola-Epidemie in Westafrika.

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