Ebola-Tagebuch – Folge 38: Hysterie und Inkompetenz

Die aus Afrika zurückgekehrte Ebola-Helferin Kaci Hickox klagte gegen ihre Zwangsinternierung – mit Erfolg.

Kaci Hickox (im Isolationszelt) mit ihren Anwalt (draußen) am Wochenende. Bild: ap

NEW YORK taz | Eine selbstbewusste Krankenschwester macht Politiker mit präsidentiellen Ambitionen lächerlich. Kaci Hickox nahm sich einen Anwalt, um ihre Freiheits- und Bürgerrechte zu verteidigen. Bei ihrer Rückkehr von einem einmonatigen Ebola-Hilfseinsatz in Westafrika war die 32-Jährige am Flughafen von Newark abgeführt und für drei Tage in ein Isolierzelt ohne Dusche und TV gesperrt worden, obwohl ihre beiden Ebola-Tests negativ waren.

In Interviews aus ihrer Zwangsquarantäne kritisierte sie am Wochenende den „Wahn der Angst“, mit dem sie in den USA „wie eine Kriminelle“ empfangen worden sei.

Am Freitag hatten der republikanische Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, und der demokratische Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, auf einer Pressekonferenz eine gemeinsame neue Linie vorgestellt. Beide Politiker haben nationale Ambitionen. Und beide wollten am Tag nach der Einweisung des ersten New Yorker Ebola-Patienten beweisen, dass sie härter durchgreifen, als es die medizinischen ExpertInnen und die nationalen Gesundheitsinstitutionen der USA für richtig halten.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz kündigten sie am Freitag die Einführung einer 21-tägigen Zwangsquarantäne für alle aus Westafrika zurückkehrenden Ebola-HelferInnen an. Auch der Bundesstaat Illinois schloss sich an. Wenig später landete Kaci Hickox, aus Sierra Leone kommend, in New Jersey.

Während die Krankenschwester aus ihrem Isolierzelt in Telefoninterviews die Inkompetenz des Gouverneurs kritisierte – „Wir müssen uns hüten, die Gesundheitsvorsorge Politikern überlassen“ – kam auch aus dem Weißen Haus deutliche Kritik an der Zwangsquarantäne. In einem Versuch, die Ebola-Hysterie in den USA zu bremsen, hatte Präsident Barack Obama am Vortag eine andere Krankenschwester öffentlich umarmt. Nina Pham war bei der Behandlung eines Patienten in Dallas mit dem Virus infiziert und binnen wenigen Tagen als geheilt entlassen worden.

Auch der demokratische Bürgermeister von New York, Bill de Blasio, kritisierte die parteiübergreifende Zwangsquarantäne von HelferInnen. „Diese Leute sind Helden“, sagte de Blasio.

Wenige Stunden später machte der New Yorker Gouverneur Cuomo einen Rückzieher. Statt einer Zwangsquarantäne für heimkehrende HelferInnen verlangt er jetzt nur noch, dass sie 21 Tage lang zu Hause bleiben, täglich ihre Temperatur messen und die Behörden darüber informieren. Das entspricht eher den Maßnahmen, die die nationalen GesundheitsexpertInnen für den Umgang mit Ebola empfehlen. Allerdings sehen sie keine Zwangsquarantäne für symptomfreie RückkehrerInnen vor. Der republikanische Gouverneur Christie hingegen bleibt hartnäckig.

In dem Umgang mit der Ebola-Krise erkennt der Ökonom und Chef des Earth Institute, Jeffrey Sachs, ein Denken wieder, das sich wie ein roter Faden durch die US-Gesundheitsdebatte der letzten Jahre zieht: dass es nämlich „akzeptabel sei, wenn sozial Schwache keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.