Ehe für alle in Australien: „Es war verdammt nochmal Zeit“

Das australische Parlament ist fast einstimmig für die gleichgeschlechtliche Ehe. Lediglich vier Abgeordnete stimmten dagegen.

Menschen stehen in einem Raum. Eine Frau und ein Mann umarmen sich. Die Frau freut sich sehr

Freude: Die Parlamentsmitglieder Warren Entsch und Linda Burney umarmen sich nach dem Beschluss Foto: dpa

CANBERRA taz | Die meisten Politiker im australischen Repräsentantenhaus brachen in spontanen Beifall aus, als die Vorlage zur Gleichberechtigung homosexueller Paare am Altar verabschiedet wurde. Der konservative Premierminister Malcolm Turnbull, ein Befürworter der Vorlage, meinte in einer ersten Reaktion: „Australien hat es geschafft!“. Die Grüne Janet Rice sagte: „Es war verdammt nochmal Zeit!“

Nach einer Woche voller zum Teil emotionaler Debatten hatte das Unterhaus des Parlaments die Gleichberechtigung überraschend deutlich angenommen. Die Ehe ist jetzt per Definition „eine Vereinigung von zwei Personen“, nicht eine Verbindung exklusiv „zwischen Mann und Frau“. Nur vier der 150 Parlamentarier und Parlamentarierinnen hatten dagegen gestimmt. Der führende Opponent, der konservative frühere Premierminister Tony Abbott, hatte den Saal vor der Abstimmung verlassen. Bereits vergangene Woche hatte der Senat seine Zustimmung gegeben.

Der Entscheid folgte einer historisch einzigartigen Volksbefragung. Im November hatten sich 61,6 Prozent der Australier dafür ausgesprochen, die Ehe für Paare desselben Geschlechts zu erlauben. Dieses Ergebnis war für das Parlament allerdings nicht verpflichtend. Trotzdem hatten sich danach einige konservative Abgeordnete dafür ausgesprochen, ihre persönliche Opposition zur Seite zu legen und dem Gesetz zuzustimmen, weil es dem Willen ihrer Wählerschaft entspriche.

Das Gesetz passierte allerdings nicht ohne Widerstand. Die Vertreter der Gegner im konservativen Flügel der Partei wollten mit einer Serie von Eingaben den Prozess verlangsamen. Ihr Versuch, Änderungen des Gesetzes durchzubringen, mit denen etwa „das Recht auf freie Religionsausübung garantiert werden soll“, scheiterten aber. Selbst Premiermister Malcolm Turnbull bezeichnete sie als „unnötig“.

Eine Sprecherin der Ja-Seite, die Komikerin Magda Szubanski, gab nach dem Ergebnis ihrer großen Erleichterung Ausdruck. Sie fühle sich „wie im Delirium“. Als jemand, die wegen ihrer sexuellen Neigung „am Rande des Selbstmords“ durch die Jugendjahre gegangen sei, habe der Entscheid kaum messbare Bedeutung. „So viele von uns fühlten sich ungewollt, und das Parlament hat nun das Gegenteil gesagt“.

Magda Szubanski, Fürsprecherin

„So viele von uns fühlten sich ungewollt, und das Parlament hat nun das Gegenteil gesagt“.

Die hohe Rate an Ja-Stimmen hatte im November viele Kommentatoren erstaunt. Australier sind in sozialen Fragen generell eher konservativ. Wie in den vergangenen Monaten in den Medien verschiedene Beispiele zeigten, ist das Thema „Ehe für alle“ in den letzten Jahren für viele persönlich geworden – in dem Moment, als sich ein Sohn, eine Tochter als schwul oder lesbisch outete. Während früher sexuelle Präferenzen regelmäßig verschwiegen wurden, und homosexueller Kontakt noch Ende des letzten Jahrhunderts in einigen Bundesstaaten ein kriminelles Delikt war, ist gleichgeschlechtliche Liebe heute nicht mehr mit demselben Makel behaftet. Trotzdem bleibt das Mobbing Homosexueller eine der führenden Gründe für die hohe Jugendselbstmordrate in Australien.

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