Ehemaliger Stasi-Unterlagen-Beauftragter: Gauck gegen Stasi-Unterlagen-Novelle

Ein Gesetz soll es ermöglichen, ehemalige Stasi-Leute aus der Stasi-Unterlagen-Behörde zu verbannen. Deren erster Leiter Joachim Gauck kritisiert das.

Dezember 1989. Ein Mann sprüht "stasi raus - es ist aus" an das Gebäude der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssichheit der DDR in Suhl. Bild: Reinhard Wenzel/BStU, dapd

BERLIN taz | Der ehemalige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, schließt sich der Kritik an der Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes an. "Dass diese gesetzliche Regelung tatsächlich von Abgeordneten durchgewunken worden ist, halte ich für bedenklich", sagte Gauck der taz. Weniger wundere ihn die Position des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Roland Jahn, der "kein Jurist" sei.

Jahn kritsiert in der taz-Wochendausgabe an der Beschäftigung von derzeit 45 ehemaligen Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), es sei "jahrelang nicht offen über die Beschäftigung dieser Mitarbeiter gesprochen worden". Mit der Novellierung des Gesetzes, die bis zum Ende des Jahres vom Bundespräsidenten unterschrieben werden muss, will Jahn erreichen, dass die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter aus der Stasi-Unterlagenbehörde versetzt werden. Den Bundestag hat das Gesetz bereits passiert.

Gauck, der als erster Leiter der Behörde vor zwanzig Jahren für die Einstellung der ehemaligen MfS-Mitarbeiter zuständig war, sieht „keinen Grund diese Entscheidung infrage zu stellen“. Im Gegenteil: "Um es mal ganz deutlich zu sagen: ein Teil dieser Leute hat uns unendlich viele Kenntnisse gebracht", sagt Gauck in der taz-Wochendausgabe.

Er und auch seine Nachfolgerin Marianne Birthler hätten "immer darauf geachtet, dass wir bei diesen Stasiunterlagen eine Koalition der Vernunft hatten zwischen jeweiliger Opposition und jeweiliger Regierung", sagte Gauck. Dass dies nun anders sei, "bedaure ich."

"Gehöriger Druck"

Der Bundesbeauftragte Roland Jahn sagte, ihm gehe es "nicht darum, ehemalige Stasi-Leute zu bestrafen. Es geht darum, den Opfern der Staatssicherheit zu helfen. Natürlich unter der Bedingung von Recht und Gesetz. Wer mich kennt weiß, was für ein glühender Verfechter des Rechtsstaates ich bin."

Marianne Birthler, die nach Gauck an der Spitze der Behörde stand, erinnert sich an einen "gehörigen Druck auf die Stasi-Unterlagen-Behörde, möglichst viel Personal zu übernehmen." Die damalige Regierung unter Helmut Kohl und auch einige ostdeutschen Landesregierungen hätten diesen aufgebaut.

Birthler sagte, "der Streit um die Vergangenheit ist noch ganz lebendig. Nicht nur bezogen auf die Stasiakten, sondern auf die ganze DDR. Die Menschen, um die es dabei geht, leben ja fast alle noch."

Am 29. Dezember jährt sich das Gesetz zum 20. Mal. "Dass diese Akten zugänglich gemacht und vor der Vernichtung gerettet wurden, ist eine zivilisatorische Leistung", sagte Birthler.

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