Ehrenmedaille für Mathias Döpfner: Israel gehen die Preisträger aus
Außerdem im Wochenrückblick: ein Festival der Schuldzuweisungen, Trump mit dem Teufel und die Krise der deutschen Autobranche.
t az: Was war schlecht letzte Woche?
Küppersbusch: Sommerloch.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Haut die Themen raus, als gäb’s kein Morgen!
taz: Was geschieht vor unseren Augen in Gaza – ein Genozid? Oder eine humanitäre Katastrophe mit vielen Verursachern?
Küppersbusch: Unter einem Festival der Schuldzuweisungen lässt sich endlos sterben, verhungern, bomben und verstümmeln. Entschieden wird die Klage Südafrikas vom Internationalen Gerichtshof in vielen Jahren und noch mehr Toten. Jetzt geht es den Europäern darum, eine massive Drohkulisse aufzubauen, um die „vielen Verursacher“ zu Menschlichkeit zu zwingen. Frankreichs Macron bedient sich einer Trump-Taktik: Er kündigt die Anerkennung Palästinas als Staat an und kauft sich damit Zeit, in der Israel reagieren soll. Kanzler Merz präzisiert die „Staatsräson“, er „habe sich die Formulierung bedingungslose Unterstützung“ Israels „nie zu eigen gemacht“. Solange die Hamas und Iran Israel vernichten wollen, sind das schmutzige Tricks zum richtigen Zweck. Dagegen ist Recht haben und beim Sterben zugucken keine Option.
taz: Mathias Döpfner, CEO von Axel Springer, soll die Ehrenmedaille des israelischen Präsidenten erhalten, die höchste zivile Auszeichnung des Staates Israel. Wie hat er sich das verdient?
Küppersbusch: Döpfner hat so ziemlich jede proisraelische Auszeichnung bereits, kommt halt noch eine drauf. Heikel daran ist, dass Israels Botschafter zugleich die ARD-Korrespondentin von der Tann aus dem Job mobben will. Und dass Döpfners Konzern Geld verdient mit Immobilienanzeigen für völkerrechtswidrige Bauten Israels im besetzten Westjordanland. Vorgeschlagen für die Ehrung wurde Döpfner von Haim Saban, dem er 2006 beinahe mal die ProSiebenSat.1-Gruppe abgekauft hätte. Früher bekamen Präsident Biden und Bundespräsident Steinmeier die Medaille, offenbar gehen Israel die Preisträger aus.
taz: Welche Note geben Sie gerade der Ukraine auf ihrem Weg zum demokratischen Rechtsstaat?
Küppersbusch: 105. Ihr Platz im Korruptions-Ranking von Transparency International, Tendenz leicht fallend. Seit 2014 arbeiten ein Ermittlungsbüro und eine Sonderstaatsanwaltschaft, unter Kriegsbedingungen sicher kein leichter Job. Selenskyj wollte beide wegen „russischen Einflusses“ entmündigen, dabei arbeiten sie auf Druck und mit Hilfe der USA und der EU. Vielleicht ist beides wahr und sagt vor allem aus, dass die eigene demokratische Substanz der Ukraine vom romantisierenden Bild in westlichen Medien untermelodiös abweicht. Nach Protesten im Land und Drohungen der EU schob Selenskyj nun einen entgegengesetzten Gesetzentwurf nach. Flexibel ist er.
taz: Bei „South Park“ geht Trump nun mit dem Teufel ins Bett. Tut einer von beiden Ihnen leid?
Küppersbusch: Der abgesetzte Colbert, die zerschossenen Medien, die bütteligen Oligarchen, selbst ehedem ehrbare Zeitungen – sie alle begegnen der blanken Wahrheit, dass man in Amerika alles tun kann, was ein Geschäftsmodell ist. Die „Southpark“-Macher haben gerade weitere 50 Folgen für außerirdische 1,6 Milliarden US-Dollar verkauft, und dafür werden sie weiter genau das liefern, was an der Karriere Trumps aber auch exakt gar nichts verhindert hat. Es ist ein Teufel, der die Bibel auswendig lernen würde, wenn’s gut bezahlt ist.
taz: Abgesehen vom Endspiel – was war Ihr Highlight bei der Fussball-EM in der Schweiz?
Küppersbusch: Schon das epische Frankreich-Spiel, die Heldinwerdung der Torfrau, und hinterher der O-Ton von Trainer Christian Wück: „Wir waren auch gut im Spiel gegen den Mann. Äh …Frau.“
taz: Die Bundesbank meldet mehr Falschgeld im Umlauf. Waren Sie schon mal betroffen?
Küppersbusch: Ja, ich habe auf dem Schulhof Inflationsgeld aus den 1920er von meiner Großtante verkauft, „Eine Million Reichsmark“ für eine D-Mark. Wat ein Riesengeschäft.
taz: Volkswagen hat nach Steuern mit 2,29 Milliarden Euro gut ein Drittel weniger als ein Jahr zuvor verdient. Ist das eigentlich schlimm?
Küppersbusch: Offenbar brauchen die deutschen Automobilhersteller eine massive Krise, Tesla und chinesische Konkurrenz, um die strammen Zuwachszahlen bei ihren Elektromodellen richtig zu lesen: Da geht’s lang. Liest man die mageren Gewinne als Ohrfeige für Manager, die durchgeschlafen haben, sind sie eine gute Nachricht. Jetzt noch was erfinden, damit das nicht bei den Mitarbeitenden als Gehaltsminderung landet. Haha, Spaß.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Gestern endete die Tour de France, am Freitag beginnt die Dritte Liga mit RWE gegen 1860 München. Was mach ich dazwischen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frankreich zu Palästinenserstaat
Macron kündigt Anerkennung Palästinas im September an
Gaza-Tagebuch
Was eine fünfköpfige Familie an einem Tag isst
CSDs und die Mehrheitsgesellschaft
Queere Menschen machen es vor
Ob Männer- oder Frauenfußball
Deutscher Nationalstolz ist immer gefährlich
Rechte Heilpraktiker*innen
In der braunen Ecke der Pseudomedizin
Israels Kriegsverbrechen in Gaza
Die Banalität des deutschen Nichtstuns