Ein Bayer in Berlin: Schrot und Doppelkorn

Andreas Rüttenauer, taz-Sportredakteur, kehrt nach Jahren endlich als Bioladenbetreiber Martin auf die Bühne zurück und erklärt, warum das mit dem Kollektiv nicht klappt.

Manches ist halt nur mit Alkohol zu ertragen. Bild: dpa

Was war das nur für eine Zeit, in der Läden gegründet wurden, die „Brennnessel“ hießen, „Schlamuffel“, „Die Ähre“ oder gar „Mutter Erde“? Martin weiß das, und er weiß überhaupt fast alles. Den Bioladen, den er betreibt, hat er einst zusammen mit Gleichgesinnten als Kollektiv gegründet.

Damals, ja, da war alles noch anders, da war er noch Kämpfer und hat mental die Faust geballt, als er Kaffee aus dem befreiten Nicaragua über die Ladentheke schob. Damals hat er auch eine neue Heimat gefunden. Damals waren die Grünen noch etwas Besonderes. Petra Kelly hat er geliebt, weil die so schön weinen konnte, und für Frieden und die Umwelt war er ja sowieso.

Warum das mit dem Kollektiv auf Dauer nicht geklappt hat? Die anderen waren zu politisch für das Geschäft. Irgendwann muss Schluss sein mit Revolution. Auf jeden Fall kann er immer noch ganz gut leben von seinem Laden, und die Studentinnen, die für ihn arbeiten, halten ihn immer noch für einen, der anders ist. Für einen Alternativen! Was er vielleicht einmal war, das spielt er heute seinen Angestellten und Kunden vor, und die glauben es ihm.

Bei den Grünen ist er immer noch. Das ist schon in Ordnung. Manchmal träumt er von grüner Verteidigungspolitik, von rapsölbetriebenen Panzern in Kandahar, von Munition aus nachwachsenden Rohstoffen. Der klimaneutrale Krieg ist der gerechte Krieg. Nur ein paar hundert Meter entfernt von ihm hat ein Biosupermarkt eröffnet. Das ist die Zukunft, und er weiß genau, dass es fast niemanden geben wird, der den Untergang der Bioläden bedauern wird. Tante Emma hat man noch nachgeweint, aber wenn die Onkel-Martin-Läden sterben, wird kein Schlagersänger schmalzige Strophen durch den Äther schicken. Traurig. Darauf einen Doppelkorn aus Biokorn!

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