Ein Brief an die neue CDU-Chefin: „Das sollten Sie ändern, Frau Grütters!“

Die CDU hat nicht mal eine Gruppe, wo Behinderte mitmachen können. Aber jetzt kriegt die Partei eine neue Chefin. Und die hat unserem Autor etwas versprochen.

Auf die neue CDU-Chefin Monika Grütters kommt viel Arbeit zu, etwa in der Behindertenpolitik Illustration: Christian Specht

Sehr geehrte Frau Grütters,

vielleicht erinnern Sie sich an mich? Wir haben uns mal geschrieben, vor drei Jahren war das. Ich habe Sie um zwei Sachen gebeten: dass Sie sich darum kümmern, dass endlich ein Vertreter der Behinderten in den RBB-Rundfunkrat geschickt wird, und dass Sie sich dafür einsetzen, dass in der CDU Berlin eine Gruppe für Menschen mit Behinderung gegründet wird. Bei der SPD in Berlin gibt es so was auch und auch in der CDU in Nordrhein-Westfalen. Das ist wichtig, damit die CDU eine bessere Politik für Behinderte macht. Dann würden sich bestimmt auch mehr Behinderte in der CDU engagieren. Ich würde dann vielleicht auch reingehen in die CDU und das mit unterstützen.

Sie haben mir damals geantwortet, dass Sie sich für meine Idee mit der CDU-Gruppe einsetzen wollen – aber dann habe ich nichts mehr von Ihnen gehört.

Jetzt werden Sie Chefin der Berliner CDU, und darum schreibe ich Ihnen heute noch mal, um Sie an Ihr Versprechen zu erinnern. Ich wünsche mir, dass sich in der CDU was verändert und mehr Behindertenpolitik gemacht wird. Früher gab es ja den Hubert Hüppe von der CDU, der war Behindertenbeauftragter der Bundesregierung und hat viel gemacht. Aber der war Ihrer Partei zu kritisch. Es gab hier in Berlin auch mal einen CDU-Sprecher für Behindertenpolitik, aber von dem hat man nie viel gehört. Bei der Bundestagswahl gab es das Wahlprogramm in leichter Sprache, das war gut. Aber bei der Abgeordnetenhauswahl gab es das nicht.

Bei den anderen Parteien ist es leider nicht besser, Linke und Grüne haben auch keine Gruppe für Behinderte. Nur die SPD hat so eine Gruppe, die ist sogar sehr groß, die Jusos machen mit, Nichtparteimitglieder können auch mitmachen. Ich bin da manchmal auch. Die Gruppe bringt auch mal Anträge ein auf Parteitagen, einmal zum Beispiel gab es einen, dass ein Vertreter der Behinderten in den Rundfunkrat soll. Aber der Antrag wurde weiterverwiesen, in einen Ausschuss oder so.

Wenn Sie jetzt Chefin werden, könnten Sie doch was verändern und was für uns Behinderte machen! Wichtig ist zum Beispiel das mit den Assistenten. Da bestimmt das Amt, wie viele Stunden Assistenz ein Behinderter bekommt. Aber das sollte derjenige selber sagen zusammen mit seiner Betreuerin. Und jetzt wird da auch noch Geld gespart. Aber dann können die Behinderten weniger teilhaben, zum Beispiel weniger zu Kulturveranstaltungen gehen. Das wäre nicht so toll. Da wünsche ich mir, dass Sie etwas gegen machen.

Dann kosten manche Kulturveranstaltungen auch zu viel Geld. Wenn ich mit einem Betreuer unterwegs bin, kriege ich manchmal Ermäßigung und manchmal nicht. Wenn das zu teuer ist, können wir da nicht hingehen. Und einmal wollte ich zu einer Veranstaltung, da gab’s Probleme wegen der Treppe, das war zu hoch, da bekam ich Höhenangst und konnte darum nicht teilnehmen.

„Ich würde dann vielleicht auch in die CDU gehen und das mit unterstützen“

Bei den Bussen ist blöd, dass der Busfahrer immer aufstehen muss, wenn ein Rollstuhlfahrer kommt, und die Klappe aufmachen. Dann ist er genervt und die Leute, die vorne einsteigen wollen, die sind auch sauer. Früher gab es eine elektrische Rampe, aber die war dauernd kaputt, weil das auch mit den Bürgersteigen immer so blöd war oder wenn Schnee lag. Da hat dann der Behindertenbeauftragte einen Brief geschrieben an den Senat, dass das nicht in Ordnung ist, weil die immer kaputt waren. Da hat man den Behindertenbeauftragten gleich zurückgepfiffen, was das soll, dass er sich beschwert. Aber die Rampe war besser.

Blöd ist auch das mit dem Behindertenbeirat in Kreuzberg. Da saß einer drin von der CDU, der hat überhaupt nichts gemacht, ist sogar nie hingekommen. In den Kulturausschuss ist er immer hingekommen, aber am Behindertenbeirat hatte er keine Interesse. Da hätte die CDU doch jemand anderen hinschicken können, der Interesse zeigt. Das sollten Sie ändern, Frau Grütters!

Es gibt auch Leute, die sind unzufrieden mit ihrer Arbeit in der Behindertenwerkstatt. Die kriegen da total wenig Geld! Ich bin dafür, die Leute sollten selber entscheiden, ob sie Mindestlohn wollen. Oder einfach so viel verdienen, wie sie brauchen.

Ganz wichtig für mich ist der RBB-Rundfunkrat, dass da ein Behindertenvertreter reinkommt. Aber der muss auch ernst genommen werden, nicht nur als Schaufenster dasitzen. Der könnte sich dafür einsetzen, dass es eine Sendung mit Gebärdensprache gibt wie bei Alex TV. Die gucke ich mir manchmal an. Oder eine Fernsehsendung, wo auch Gäste mit Behinderung eingeladen werden wie der Krauthausen [Raul Krauthausen ist Behinderten-Aktivist aus Berlin, Anmerkung der Schreibassistenz]. Jetzt kommt beim RBB immer das Gleiche, zum Beispiel montags der „Tatort“ vom Sonntag. Das Geld könnte man nehmen für was Wichtiges, eine Sendung, wo Behinderte vorkommen mit ihren Themen und ihrer Kritik. Manche kriegen ja gar nicht mit, was das ist mit der Teilhabe.

Und dann müssen Sie neue Leute aufstellen, Frau Grütters. Sie können nicht mit denselben Leuten weitermachen. Zum Beispiel in der CDU-Pressestelle im Abgeordnetenhaus, die sind total unfreundlich. Die haben mich immer weggeschickt, wenn ich was wissen wollte. So kann man mit den Leuten nicht umgehen.

Viele Grüße,

Ihr Christian Specht

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Jahrgang 1969, hat seit Jahren seinen Schreibtisch in der taz, malt für die Zeitung und diktierte diesen Brief einer Redakteurin

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