Ein Ost-Traditionsverein gibt auf: Das Ringen um Worte

Die Ringerhochburg Luckenwalde zieht sich aus der Bundesliga zurück. Wieviel Fremdverschulden und wieviel Eigenversagen steckt dahinter?

Zwei Ringer im Kampf

Felix Menzel (rotes Trikot) ringt für Luckenwalde. Foto: dpa

Auf den ersten Blick hat es ja so kommen müssen. Wie eine Trutzburg hatte sich der Traditionsverein aus dem Osten, der 1. Luckenwalder SC, in den vergangenen Jahren in der Ringer-Bundesliga gehalten, während ein Verein nach dem anderen zusammenbrach. Zu kostspielig wurde der Kampf um die Konkurrenzfähigkeit.

Viele konnten sich das Wettbieten um die guten Ringer aus Osteuropa, die meist den Unterschied ausmachen, nicht weiter leisten. Mehr als die Hälfte der Erstligaklubs zog sich in der letzten Dekade aus finanziellen Gründen zurück. Neun Teams waren zuletzt übrig geblieben, bis Anfang Februar nun auch die Brandenburger die Kapitulation erklärten.

Hochklassig gerungen wird nun nur noch im Südwesten Deutschlands. Die Klubs aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland machen den Deutschen Meister unter sich aus. Mit der Einführung der eingleisigen Liga ab nächster Saison wäre der Reiseetat für die Ostdeutschen sowieso immens gestiegen.

Die These vom Opfer widriger Umstände ist indes zu schlicht, als dass ihr in Luckenwalde viele Glauben schenken wollten. Rund um den ostdeutschen Traditionsstandort ist eine Diskussion entbrannt, wie es zu dem Crash kommen konnte. Dabei rückt die Frage nach dem Eigenverschulden immer mehr in den Vordergrund. Und das lässt das Ausscheiden des DDR-Rekordmeisters, der als einziger Ostklub nach der Wende ständiges Mitglied der Bundesliga war und diese Saison trotz seines bescheidenen Etats von 200.000 Euro überraschend knapp das Halbfinale verpasste, um so schmerzlicher erscheinen.

Kaum Krisenkommunikation

Der Freistilringer Felix Menzel vom 1. Luckenwalder SC ist überzeugt: „Managementfehler haben sicherlich eine große Rolle gespielt, dass es zu dieser Entscheidung gekommen ist.“ Der 28-jährige mehrfache Deutsche Meister bekleidete als Teammanager eine Art Schnittstelle zwischen Mannschaft und Manager Bernd Fassbender. Am Mittwoch hat er nun einen Gesprächstermin mit Fassbender. Es soll der Vergangenheitsbewältigung dienen.

Als es um die Bewältigung aktueller Probleme ging, ist Fassbender zuletzt allerdings nicht sonderlich gesprächig gewesen. Es habe ein großes Kommunikationsproblem gegeben, sagt Menzel. Für ihn ist das eine Schlüsselerklärung der aktuellen Misere.

Bundesliga-Ringer Felix Menzel

„Managementfehler haben sicherlich eine große Rolle gespielt“

Dass nun der Abgang vieler deutscher Ringer auch als Grund für den Rückzug angeführt wird, kann er nicht nachvollziehen. „Insbesondere die deutschen Ringer sind in den vergangenen Monaten hingehalten worden und haben sich dann verständlicherweise um Alternativen gekümmert.“ Zudem kritisiert Menzel, dass die finanzielle Misere nicht öffentlich gemacht worden sei. So hätten auch keine Initiativen gestartet werden können, aus der Notlage herauszukommen.

Auch der Präsident des Ringer-Verbandes Brandenburg, Danny Eichelbaum, sieht vor allem die Vereinsfunktionäre in Luckenwalde in der Verantwortung: „Es muss nun vom 1. LSC analysiert werden, welche vereinsinternen Fehler zu dieser Entscheidung geführt haben und welche personellen Konsequenzen daraus gezogen werden müssen.“

Mitgliederversammlung im März

Manager Fassbender wollte sich gegenüber der taz nicht äußern. Er sei nicht der richtige Ansprechpartner, behauptete er und verwies auf den obersten Repräsentanten des Vereins, Präsident Christian Buddeweg. Ein geschicktes Ablenkungsmanöver. Schließlich hatte Buddeweg zuvor schon via Presseerklärung reichlich Asche über sein eigenes Haupt gestreut. Er sprach zwar auch von „vereinsinternen Fehlern im Management“, übernahm dafür aber als Präsident die Verantwortung und drückte Sportlern und Fans sein Bedauern aus, „denen wir mit dieser Entscheidung nachvollziehbar einen wesentlichen Teil Identifikation nehmen“.

Auf Nachfrage der taz vertrat Buddeweg jedoch die Überzeugung, dass der Verein auch ohne die Managementfehler in diese missliche Lage geraten wäre. Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung Ende März wird darüber diskutiert werden müssen. Das Ergebnis der Debatte dürfte entscheidend bei der Frage sein, wie man sich neu aufstellen möchte. Mit drei Aufstiegen in Serie könnte der 1. Luckenwalder SC theoretisch Im Jahr 2019 wieder in der Bundesliga mitmischen.

Mit der Eliteschule des Sports und dem Leistungszentrum Ringen verfügt man auch künftig über günstige sportliche Voraussetzungen. Was aber ist ökonomisch leistbar? Um den Standort Luckenwalde für Nachwuchsringer weiterhin attraktiv zu gestalten, wäre ein Bundesligateam gewiss von Vorteil.

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