Eine Weltkunstakademie für Köln: Der Diskurs kommt in die Stadt

Köln kriegt eine neue Akademie der Künste. Zu den Mitgliedern der AdWK zählt auch der diesjährige Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels, Liao Yiwu.

Der chinesische Schriftsteller Liao Yiwu gehört zu den Gründungsmitgliedern der neuen Kölner Kunstakademie. Bild: dapd

Es ist eigentlich eine Anmaßung, zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Akademie zu gründen. Doch was wäre, wenn eine solche Institution nicht den homogen-elitären Kulturbegriff des Nationalstaats, sondern gerade die Diversität der gegenwärtigen Gesellschaft abzubilden und künstlerisch fruchtbar zu machen versucht?

Am Wochenende fand in Köln die Gründungsversammlung der „Akademie der Künste der Welt“ (AdKW) statt. Unter der Leitung von Generalsekretärin Sigrid Gareis trafen sich die ersten dreizehn Mitglieder, um das neue Namensungetüm aufs Gleis zu setzen.

Zu den Mitgliedern gehören unter anderem der Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels Liao Yiwu, die indische Dokumentarfilmerin Madhusree Dutta, der samoanische Choreograf Lemi Ponifasio, die deutsche Künstlerin Rosemarie Trockel oder die israelische Kuratorin Galit Eilat.

Spannende Namen, doch warum eine Akademie? Die Idee geht auf den Autor und Orientalisten Navid Kermani zurück. Angeregt durch seine Arbeit am Berliner Haus der Kulturen der Welt, machte er 2007 dem früheren Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma den Vorschlag, ein ähnliches Institut am Rhein einzurichten.

Globale Verknüpfungen

Es folgte das übliche diskursive Gezerre, bis schließlich ein sogenannter Initiativkreis um Kermani, den Soziologen Mark Terkessidis, den Ethnologen Erwin Orywal und den Kulturpolitiker Jürgen Nord ein Konzept entwickelte.

Zu den Aufgaben der AdKW gehört es demnach, die intellektuell träge Stadt künstlerisch und diskursiv stärker in einem globalen Netzwerk zu verorten, das kulturelle Angebot vielfältiger zu machen und zugleich an die demografische Entwicklung mit weit über 30 Prozent migrantenstämmigen Kölnern anzupassen.

Dafür verfügt die AdKW über vier Säulen: Ihr werden künftig insgesamt 40 international renommierte Künstler angehören, die Projekte entwickeln sollen. Ein Artists-in-Residence-Programm lädt Stipendiaten für bis zu einem Jahr an den Rhein ein.

Schlanke Struktur

Es soll Best-Practice-Projekte außereuropäischer Kunst geben, die von Künstlern aus aller Welt vorgeschlagen werden können. Und es wird eine Akademie mit Kölner Jugendlichen geben, die eigene Vorhaben realisieren können.

All diese Projekte sollen in Zusammenarbeit mit Kulturinstitutionen der Stadt entstehen. Trotz schlanker Organisationsstruktur der AdKW ohne eigene Ausstellungsräume ist zu bezweifeln, ob das Budget von 1,2 Millionen Euro dafür ausreicht.

Ermutigend war bei der öffentlichen Vorstellung der Akademie-Mitglieder der deutlich politische Akzent. Nicht nur Galit Eilat oder Madhusree Dutta hielten sich mit Kritik an ihren Ländern nicht zurück.

Der politische Akzent

Es war vor allem Liao Yiwu, der mit einer Mischung aus Humor und politischer Unnachgiebigkeit Position bezog. Unter Hinweis auf den Film „Das Leben der Anderen“ hob er die deutschen Erfahrungen mit totalitären Staaten hervor. Er selbst habe durch die Kulturevolution keine Chance zu einer normalen Ausbildung gehabt.

Als Akademiemitglied sieht es Yiwu, der seit kurzem in Berlin lebt, als seine Aufgabe, „ein anderes, ein realeres Gesicht von China zeigen“. Dieses Gesicht spiegele sich vor allem bei kritischen Künstlern des Untergrunds. Und so schlug er als weiteres Akademiemitglied die Autorin und Journalistin Tsering Woeser vor, die seit Jahren die Tibetpolitik Chinas kritisiert.

Mit der Akademie und der Berufung Liao Yiwus ist Köln in wirtschaftlich schwieriger Zeit sicherlich ein Coup gelungen. Ob die angekündigte Niederschwelligkeit programmatisch werden kann oder sich letztlich doch ein narzisstischer Kunst-Elitismus durchsetzt, bleibt zu beobachten.

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