Einigung bei den radikal Rechten: AfD kommt Rentenkonzept näher

Die AfD einigt sich auf einen Kompromiss. Dabei kommt Parteichef Meuthen schlechter, der „Flügel“ besser weg. Beide wollen mehr Geburten.

Portrait von Jörg Meuthen

Will das Rentensystem umkrempeln: AfD-Vorsitzender Jörg Meuthen Foto: Paul Zinken/dpa

BERLIN taz | Nach jahrelangem Streit ist die AfD einem Rentenkonzept deutlich näher gekommen. Die Programmkommission der Partei einigte sich am Wochenende auf einen entsprechenden Leitantrag, der auf dem Bundesparteitag Ende April im baden-württembergischen Offenburg beschlossen werden soll.

Der Antrag, der gerade auf der Website der Partei veröffentlicht worden ist, sieht kein vollständiges Umkrempeln des Rentensystems mehr vor. Dies hatte unter anderem Parteichef Jörg Meuthen gefordert, der die gesetzliche Rentenversicherung, die durch Beiträge von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen finanziert wird, am liebsten abgeschafft und durch eine steuerfinanzierte Mindestrente ersetzt hätte. Diese sollte knapp über der Existenzsicherung liegen.

Stattdessen will die AfD laut Leitantrag nun, dass mehr Leute in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen – darunter Abgeordnete, Selbstständige und ein großer Teil der BeamtInnen. Ausgenommen werden sollen PolizistInnen, StaatsanwältInnen und andere, die mit hoheitlichen Aufgaben betraut sind. Sie sollen weiterhin Beamtenpensionen erhalten. Andere, wie zum Beispiel LehrerInnen, sollen künftig nicht mehr verbeamtet werden.

Selbstständige können sich nach der Vorstellung des Leitantrags nur dann der gesetzlichen Rentenversicherung entziehen, wenn sie eine private Altersvorsorge nachweisen.

Ein Kompromiss zugunsten des „Flügels“

In dem Leitantrag lehnt die AfD es grundsätzlich ab, die Rente künftiger Generationen durch Einwanderung zu sichern. Stattdessen soll die hiesige Geburtenrate erhöht werden. Dazu fordert die AfD ein Betreuungsgeld für die ersten drei Lebensjahre eines Kindes, Eltern sollen über die „Risiken bei der Fremdbetreuung während der ersten drei Jahre informiert“ werden. Gleichstellungsbeauftragte will die AfD durch „Familienbeauftragte“ ersetzen und Abtreibungen erschweren, etwa durch den Einsatz von Ultraschallbildern und den hinweis auf mögliche Spätfolgen.

Eltern sollen zudem für jedes Kind 20.000 Euro Beiträge zur Rentenversicherung aus Steuermitteln erstattet bekommen, ohne dass sich die Rentenansprüche dadurch verringern. Für jedes Kind mit deutscher Staatsbürgerschaft und Lebensmittelpunkt in Deutschland soll der Staat zudem bis zum 18. Lebensjahr 100 Euro monatlich auf ein Spardepot einzahlen.

Diese Bevorzugung darf als Zugeständnis an den „Flügel“ gewertet werden. Dieser hatte ursprünglich unter bestimmten Umständen einen Rentenzuschlag nur für Deutsche gefordert. Den sieht der Leitantrag nun nicht vor.

Insgesamt ist der Leitantrag ein Kompromiss, kommt aber den Vorstellungen des „Flügels“, der auf die gesetzliche Rentenversicherung und staatliche Regulierung setzt, deutlich näher als denen von Parteichef Meuthen. Dessen Grundidee taucht nur noch in einem kurzen Passus unter der Rubrik „Ausblick“ auf.

Dort heißt es, eine steuerbasierte Grundrente könnte nur mit einer umfassenden Steuerreform realisiert werden. „Die Alternative für Deutschland wird sich der Diskussion über eine weitergehende Steuer- und Rentenreform nicht verschließen.“ Damit gibt man dem Parteichef eine Chance, ohne völligen Gesichtsverlust aus dem Konflikt herauszukommen.

Allerdings wird ohnehin erwartet, dass es auf Bundesparteitag zahlreiche Änderungsvorschläge zum Leitantrag geben wird. Hinzu kommt die Frage, ob dieser wegen Corona überhaupt stattfinden wird. Bislang heißt es offiziell, dass man an dem Treffen, zu dem 600 Delegierte geladen sind, festhalte. In der Partei aber mehren sich die Stimmen, die von einer Verschiebung ausgehen. Es ist daher offen, ob die AfD Ende April wirklich ein Rentenkonzept haben wird.

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