Einigung nur ein Symbol: Anwohner ziehen vor Gericht

Trotz Bürgervertrag zwischen Initiativen und Hamburgs Senat gehen Streit um Flüchtlingsunterkünfte weiter – und die Stadt hält an alten Plänen fest

In den Unterkünften herrscht Friede. Drumherum tobt der Streit Foto: Daniel Reinhardt (dpa)

HAMBURG taz | Es schien alles geregelt. Als die Bürgerschaft unmittelbar vor der Sommerpause den Kompromiss mit der „Initiative für eine gute Integration“ über die zukünftige Flüchtlingsunterbringung verabschiedete, schien nicht nur ein Volksentscheid vom Tisch, sondern auch Ruhe einzukehren bei einem Thema, dass die Stadt zu spalten drohte. Doch der Schein trog. Inzwischen ist klar: Der Streit um Unterbringungsgrößen und -standorte geht an vielen Stellen weiter.

Beispiel Hummelsbüttler Feldmark: Mit der Initiative zu deren Erhalt konnten die rot-grünen Verhandlungsführer, Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) keine Einigung erzielen und keinen Bürgervertrag abschließen.

Noch immer will die Stadt „Am Rehagen“ für knapp 1.000 Flüchtlinge Unterkünfte bauen. Auf den zweiten geplanten Standort „Wildes Moor“ verzichtet die Stadt hingegen vorerst. Doch das reicht dem „Verein zum Erhalt der Hummelsbütteler Feldmark“ nicht. Sie will klagen. Nun müsse ein Gericht entscheiden.

Konflikte gibt es auch in Neugraben-Fischbek: Obwohl die lokale Initiative und die Stadt Hamburg einen Kompromiss über die Begrenzung der Kapazität für den Stadtteil auf 1.500 Flüchtlinge vorsieht, wollen drei Anwohner, die sich an den Bürgervertrag nicht gebunden fühlen, weiter klagen.

Die Stadt findet es zwar – so geht aus einem Schriftsatz hervor – „bedauerlich, dass die Umsetzung der Inhalte des Bürgervertrages von den Antragsstellern nicht gewollt sei“, sie kann aber nichts dagegen unternehmen. Und auch anderorts werden die Verträge, die mehr eine Willensbekundung als rechtlich bindend sind, Klagen wohl nicht verhindern können.

Ein weiteres Beispiel dafür ist Othmarschen: Mit Postwurfsendungen mobilisiert derzeit die Initiative „Mitgestaltung Othmarschen“gegen eine zentrale Flüchtlings-Erstaufnahme in der Paul-Ehrlich-Straße mit 600 bis 860 Plätzen und einen geplanten siebenstöckigen Neubaukomplex mit 180 Wohnungen für bis zu 900 Schutzsuchende. Dieser soll später als ganz normaler sozialer Wohnungsbau genutzt werden, wenn die Flüchtlingszahlen zurückgehen.

Das Problem: Für Altona wurden nur Bürgerverträge für die Stadtteile Rissen, Lurup, Osdorf und Bahrenfeld abgeschlossen, für die anderen Stadtteile gibt es keine. Die Initiative spricht nun von einer „Überforderung unserer Gegend und einer Entscheidung gegen die Integration“.

Denn wie in Othmarschen hat die Stadt dort, wo ihr lokale Initiativen keine Zugeständnisse abringen konnten, ihre ursprünglichen Planungen meist nicht reduziert. Auch der Bezirk Altona hatte den Senat direkt vor der Sommerpause aufgefordert, die beiden geplanten Othmarschener Unterkünfte „im Geist der beiden Bürgerverträge“ zu verkleinern.

Bei der Zentralen Erstaufnahme allerdings ist eine Lösung in Sicht. Auf Anfrage teilte der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge der Stadt der taz eine überraschende Kehrtwendung mit: „Ursprünglich wurde am Standort Paul-Ehrlich-Straße eine Erstaufnahme mit 800 Plätzen geplant. Diese Planungen sind zurückgestellt worden vor dem Hintergrund sinkender Flüchtlingszahlen.“

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