Einwanderer-Politik in Frankreich: Sarkozy entdeckt rechte Parolen wieder

Präsident Sarkozy will eingewanderten Franzosen die Staatsbürgerschaft entziehen, wenn sie straffällig geworden sind. Dabei dürfte er auch die Wahl 2012 im Blick haben.

In Anklang an seine Wahlkampagne aus dem Jahr 2007 hat er jetzt offiziell einen "nationalen Krieg" gegen die Kriminalität verkündet. Bild: rtr

Das letzte Mal, dass in Frankreich Menschen die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, geschah das unter dem mit den Nazis verbündeten Vichy-Regime. Es traf die französischen Juden. Bald könnte es wieder so weit sein. Dieses Mal träfe es aber vor allem muslimische Einwanderer, die die französische Staatsbürgerschaft besitzen.

Gebeutelt von schlechten Umfragewerten, die den Staatspräsidenten nur noch bei 30 bis 34 Prozent Zustimmung sehen, diskreditiert durch die Bettencourt-Affäre, illegale Parteienfinanzierung und verdeckte Geldübergaben, hat sich Nicolas Sarkozy auf die Rolle besonnen, die ihn politisch berüchtigt gemacht und letztlich ins Präsidentenamt gehievt hat, die Rolle als "Kärcher der Nation".

In Anklang an seine Wahlkampagne aus dem Jahr 2007 hat er jetzt offiziell einen "nationalen Krieg" gegen die Kriminalität verkündet. Wen es treffen soll, machte Sarkozy in einer Rede vor Polizisten in Grenoble klar, die vor zwei Wochen beschossen worden waren. Wer bei Unruhen in den Banlieues das Leben von Polizisten gefährde, müsse seine Staatsbürgerschaft verlieren. Straffällige Minderjährige sollten bei Volljährigkeit auch "nicht mehr automatisch" den französischen Pass erhalten. Und wer als eingewanderter Franzose seine schulschwänzenden Kinder oder den straffällig gewordenen Nachwuchs nicht zur Raison bringen könne, müsse um seinen Pass fürchten. Bislang ist der Entzug der Staatsbürgerschaft nur bei Terrorismus als Straftatbestand möglich. Ansonsten gilt laut Artikel 1 der Verfassung die Gleichheit aller Bürger "ohne Unterscheidung von Herkunft, Rasse oder Religion".

Das könnte sich leicht ändern, wenn auch die Vorschläge von Innenminister Brice Hortefeux in den Gesetzentwurf einfließen. Danach wären auch "schwere Kriminalität" (ohne nähere Definition), Menschenhandel oder die Beschneidung von Frauen ein Grund für den Entzug des Passes.

Wie sich der "nationale Krieg" gegen die Kriminalität im Alltag manifestiert, machte ein auf YouTube veröffentlichtes Video deutlich. Bei der Räumung von besetzten Wohnungen und einer Sitzblockade von überwiegend schwarzen Frauen, Kindern und Männern in der Pariser Vorstadt Courneuve gab sich die Polizei nicht zimperlich. So sieht man, wie eine Schwangere und ein Kind an den Füßen über den Asphalt gezogen werden. Das extrem harte Vorgehen der Polizei habe das Problem der Unterbringung der Familien aber nicht gelöst, monierten Kritiker.

Politische Beobachter sind der Ansicht, die Regierung ziele auf den Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2012. Besonders Anliegen sei es, dem Front National von Le Pen die Wähler abspenstig zu machen. Ob diese sich dann nicht doch lieber gleich für das Original entscheiden, ist eine der Hypotheken dieser Politik. Die andere bestehe in der Teilung der Gesellschaft in Franzosen 1. und 2. Klasse, wie Menschenrechtsorganisationen und die Opposition beklagen.

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