Eiskunstlauf-WM: Der letzte Tanz

Aljona Savchenko und Robin Szolkowy haben bei der Weltmeisterschaft in Japan noch einmal einen großen Auftritt – dann trennen sich ihre Wege.

Robin Szolkowy lässt Aljona Savchenko fliegen. Damit ist es bald freilich vorbei. Bild: ap

Die Chancen auf den fünften Weltmeistertitel stehen für die Chemnitzer Aljona Savchenko und Robin Szolkowy gar nicht schlecht. Ihre ärgsten Widersacher, die Russen Tatjana Wolossoschar und Maxim Trankow, die in Sotschi Olympiagold geholt hatten, werden diese Woche bei den Weltmeisterschaften im Eiskunstlauf im japanischen Saitama nicht am Start sein.

Savchenko/Szolkowy hatten in Sotschi wegen zweier kapitaler Fehler in der Kür ihren Traum von Olympiagold nach einer elfjährigen gemeinsamen Karriere ausgeträumt und gewannen nur Bronze. Nach dem WM-Start wird das deutsche Erfolgsduo definitiv Geschichte sein, denn Robin Szolkowy, 34, will mit dem Leistungssport aufhören. „Mein Körper sendet klare Signale. Mit der Schnellkraft und den Sprüngen tue ich mich schwerer als noch vor ein paar Jahren“, erklärt er.

Mit dem Karriereende der beiden geht auch eine Ära zu Ende, in der deutsche Eiskunstläufer zur Weltspitze gehörten und um Medaillen mitliefen. Das war seit den 70er Jahren in beiden deutschen Staaten der Fall. Namen wie Katarina Witt, Gaby Seifert und Norbert Schramm, Tanja Szewczenko, Mandy Wötzel/Ingo Steuer und Kati Winkler/René Lohse stehen dafür, um nur einige zu nennen. Heute werden Eislaufmeister in Russland, Kanada und Fernost gemacht. Und es ist sicher kein Zufall, dass das die Staaten sind, in denen diese Sportart populär ist. In Deutschland dümpelt sie am Rande dahin.

Popularität führt schließlich dazu, dass Eltern ihre hoffnungsvollen Kinder in die Eishallen bringen, dass Fernsehsender Wettkämpfe übertragen, Sponsoren sich in der Sportart gut aufgehoben fühlen und staatliche Fördermittel fließen. Alles das ist in Deutschland nicht mehr der Fall. Hier sind Eislauffans oft auf Livestreams im Internet angewiesen, weil Fernsehsender kaum Wettkämpfe zeigen.

Es ist ein Glücksfall, wenn die Livestreams auf Deutsch kommentiert werden. In der Regel haben Zuschauer die Wahl zwischen russischem, italienischem und lettischem Kommentar. Das ist bei den Weltmeisterschaften in Japan ein wenig anders. Hier überträgt der Spartensender Eurosport viele Wettbewerbe. Das ist dem Umstand geschuldet, dass wegen der Zeitverschiebung die Wettbewerbe um 8 Uhr morgens übertragen oder zeitversetzt gezeigt werden können. Da gibt’s keine Konkurrenz durch Fußball oder Tennis.

Beim Nachwuchs sieht es düster aus

Das mediale Desinteresse ist keine gute Voraussetzung, um die Anhängerschaft dieser Sportart zu vergrößern oder für Sponsoren attraktiv zu sein. Die Funktionäre der Deutschen Eislauf-Union, die auch im Eishockey aktiv sind und deren Herz für die Puckjäger zu schlagen scheint, haben die mangelnde TV-Präsenz kaum auf der Agenda. Und nach dem Karriereende von Savchenko/Szolkowy wird sich das Problem eher vergrößern. Denn dann gibt es keine Erfolgsgaranten mehr aus Deutschland.

Noch hat die Deutsche Eislauf-Union Athleten, die es in Europa und mit ein wenig Glück auch darüber hinaus in die Top Ten schaffen könnten. Aber im Nachwuchs sieht es düster aus. Bei den Juniorenweltmeisterschaften diesen Monat im bulgarischen Sofia gab es für den deutschen Verband zwei vorletzte Plätze.

„Mittelfristig haben wir nur eine Perspektive im Paarlaufen und Eistanzen“, sagt Berlins leitender Landestrainer Reinhard Ketterer. „Da haben unsere Trainer noch einen Vorsprung im Technischen. Das können die starken Asiaten nicht so schnell aufholen.“ Und er bringt ins Spiel, dass es doch noch eine Kandidatin auf internationale Medaillien geben könnte: Aljona Savchenko. Denn die 30-Jährige hat nach Olympia laut darüber nachgedacht, weiterzulaufen – mit einem anderen Partner. „Ich halte das nicht für einen Bluff. Denn Aljona ist extrem leistungsmotiviert, hat ein extrem hohes Können und die idealen körperlichen Voraussetzungen fürs Paarlaufen“, sagt Ketterer. Ihre Eisschnelllauf-Kollegin Claudia Pechstein, 42, hätte gezeigt „dass man mit hartem Training, Können und Ehrgeiz die Biodaten einige Zeit überlisten kann“.

Ein Partner für Savchenko ist allerdings nicht in Sicht. Der einzige Solo-Paarläufer in Deutschland heißt Dennis Wieczorek, ist 22 Jahre jung und im Paarlaufen erst ein Azubi. Zudem habe er, so Ketterer, gerade mit einer anderen Partnerin Probetrainings aufgenommen, mit einer Nachwuchsläuferin. Aljona Savchenko hingegen hat im Eiskunstlauf alles erreicht.

„Der Ehrgeizigste in dem Trio ist Trainer Ingo Steuer“, sagt der Eiskunstrebell und einstige Fachjournalist Sepp Schönmetzler. „Es würde mich wundern, wenn der nicht schon in den Weiten Russlands oder Kanadas einen Partner für Aljona gefunden hätte.“ Keine Frage, dass das neue Paar, falls es denn zustande kommt, von Ingo Steuer trainiert wird. Denn dass er der Mann neben Aljona Savchenko im wahren Leben ist, ist zwar nur ein Gerücht. Aber eines, das keiner von beiden dementiert hat. Weniger klar ist, ob die gebürtige Ukrainerin mit einem neuen Partner für Deutschland startet. Denn hier darf Ingo Steuer wegen seiner Stasitätigkeit nicht aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden.

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