Eklat nach zentraler Matheprüfung: Zöllner lässt Schüler nachrechnen

Schulsenator trotzt Schülerprotesten. Rund 28.000 Zehntklässler müssen die Matheklausur am Montag wiederholen. Ungeklärt bleibt, wer die Aufgaben der ersten Prüfung verraten hat.

Wütend: Demonstrierenden Schüler vor dem Roten Rathaus Bild: dpa

Es bleibt dabei. Rund 28.000 Berliner Zehntklässler müssen die Mathematikklausur für den mittleren Schulabschluss wiederholen. Neuer Termin ist der 23. Juni. Diese Entscheidung revidierte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) auch nicht, als viele Schüler am Montag vor dem Roten Rathaus demonstrierten (siehe unten). "Wir haben keine Wahl. Die Verpflichtung, für Chancengleichheit zu sorgen, zwingt uns dazu", sagt der Sprecher des Bildungssenators, Kenneth Frisse.

Unterdessen geht die Suche nach dem Leck weiter, wie ein Teil der Prüflinge vorab an die Matheaufgaben gelangt war. 28.000 Zehntklässler an 346 Berliner Schulen haben vergangenen Mittwoch für den mittleren Schulabschluss (MSA) dieselbe Matheprüfung geschrieben (taz berichtete). Wie viele die Aufgaben da bereits kannten, ist unklar. "Wir gehen davon aus, dass es an mindestens 60 Schulen Unregelmäßigkeiten gegeben hat", sagt Frisse. "Wir kennen das Leck noch nicht, aber wir tun das Menschenmögliche, um es zu finden." Unabhängig davon werde "der gesamte Prozess" - wie die Prüfungsunterlagen in die Schulen kommen - "auf den Prüfstand gestellt", betont Frisse. Denn so ein Vorgang dürfe sich nicht wiederholen. Einzelheiten nennen wollte er aber nicht. "Dann kann man doch gleich den Karton mit den Prüfungsunterlagen auf den Alexanderplatz stellen", so Frisse.

Bislang war das Verfahren so geregelt: Ein Kurier liefert den Karton mit den Prüfungsfragen für den mittleren Schulabschluss zirka 14 Tage vor den Tests - geprüft wird in Mathematik, Deutsch und der ersten Fremdsprache - in den Schulen ab. Dort wandert der Karton in den Schultresor. Erst zwei Stunden vor der Prüfung werden die versiegelten Umschläge mit den genau auf die Schüler abgezählten Bögen vom Fachlehrer geöffnet. Für den Fall, dass noch einzelne Exemplare benötigt werden, stellt die Schulverwaltung parallel dazu eine Druckversion ins Intranet. Diese werde aber erst kurz vor der Prüfung per Passwort freigeschaltet, sagte Sprecher Frisse.

Rose-Marie Seggelke, Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, forderte am Montag, den Test nicht zu wiederholen, solange das Leck nicht gefunden sei. Seggelke befürchtet zudem, dass Eltern, deren Kinder beim zweiten Test versagen und deshalb nicht den Realschulabschluss bekommen, verstärkt vor Gericht ziehen werden. Zöllner solle es den Schulen ermöglichen, großzügig mit dem Thema umzugehen, meinte Seggelke. Denkbar sei, nur Schüler "nachzuprüfen", deren Note "eklatant" von ihren früheren Testergebnissen abwichen.

Wolfgang Harnischfeger, Direktor des Beethoven-Gymnasiums und Vorsitzender des GEW Schulleiter-Verbandes, sieht das anders: "Alle müssen die Prüfung wiederholen.. An die Schüler appelliert Hirschfeger, das Ganze "sportlich zu sehen". Gleichzeitig warnt er davor, den Vorgang als Betrug zu kriminalisieren. Was geschehen sei, sei nichts anders als Schummelei. Aufgrund der technischen Entwicklung der Medien sei es heute eben sehr leicht, den Lehrer zu übertölpeln. Im vorliegenden Fall waren die Matheaufgaben über Handyfotos und das Internet verbreitet worden. Die Frage nach dem Leck findet Harnischfeger müßig. "Wenn Pentagon-Daten geknackt werden, geht das erst recht mit popeligen MSA-Aufgaben", sagt der Schulleiter.

Dann aber müssten Hacker im Netz des Schulsenators unterwegs sein. Denn offiziell waren die Aufgaben nur den fünf Mitgliedern der Kommission bekannt, die sie ersonnen hat. Zöllners Sprecher Frisse dementiert die Hacker-Theorie: "Dafür haben wir keine Hinweise."

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