Elbvertiefung rückt näher: Kultur der Zustimmung

Niedersachsen erteilt Einvernehmen mit den Plänen von Hamburg und dem Bund zur Ausbaggerung der Unterelbe. Kommunen und Umweltgruppen wollen klagen.

Können bald mehr Tiefgang haben: Frachtschiffe auf der Unterelbe. Bild: dpa

HAMBURG taz | Es darf wohl gebaggert werden. Das Land Niedersachsen hat am Dienstag seine Zustimmung zur geplanten Vertiefung der Unterelbe erteilt. Damit ist die Realisierung des von Hamburg und der Bundesbehörde Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) vorangetriebenen Projekts in greifbare Nähe gerückt. Verhindern könnte das Vorhaben nur das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, sofern es den angekündigten Klagen von Umweltgruppen und betroffenen Kommunen stattgeben sollte.

Der Regierung in Hannover sei es darum gegangen, „die landeskulturellen Interessen Niedersachsens in vollem Umfang zu wahren“, verkündete Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) am Dienstagmittag nach der Kabinettssitzung. Eine Vereinbarung zwischen den Obstbauverbänden, Hamburg und der WSD schließe negative Beeinträchtigungen der Betriebe durch eine Elbvertiefung jetzt und für die Zukunft aus oder sehe vor, diese auszugleichen. „Daher sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine Gründe gibt, das Einvernehmen zu verweigern“, so Lindemann.

Die Vereinbarung sieht unter anderem den Bau von Wasserspeicherbecken vor. Die Kosten von etwa 20 Millionen Euro tragen Hamburg und der Bund: „Wir haben ein Ergebnis, das für die Obstbauern und Landwirte eine gute Perspektive bietet“, glaubt Lindemann. Die Bauern im Obstgebiet Altes Land zwischen Stade und Hamburg befürchten eine Versalzung des Elbwassers, mit dem Vieh getränkt und Obstbäume beregnet werden.

Die Unterelbe soll zum neunten Mal seit Beginn des 19. Jahrhunderts vertieft werden. Damals war sie - bezogen auf Normalnull (NN) - etwa vier Meter tief. Die Liste der Ausbaggerungen:

1818 bis 1825: Vertiefung auf 5,4 Meter unter NN.

1850 bis 1862: auf 6,7 Meter.

1909 bis 1910: auf 9,4 Meter.

1922 bis 1937: auf 11,4 Meter.

1957 bis 1964: auf 12,4 Meter.

1964 bis 1969: auf 13,4 Meter.

1974 bis 1978: auf 14,9 Meter.

1998 bis 1999: auf 16,8 Meter.

ab 2012 geplant: auf 19,0 Meter.

Der Bürgermeister der Gemeinde Jork, Gerd Hubert, äußerte sich „schockiert“. Er habe „geglaubt, dass man unsere Argumente ernst nimmt“. Hubert erklärte, eine Klage sei denkbar: „Wenn es Aussicht auf Erfolg hat, selbstverständlich.“

Die mit Niedersachsen vereinbarten Änderungen werden nun in den Planfeststellungsbeschluss eingearbeitet, der anschließend öffentlich ausgelegt wird. Umweltverbände und betroffene Gemeinden können Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht einreichen, das erste und letzte Instanz zugleich ist. Es könnte im Eilverfahren den Baubeginn gestatten oder einen Baustopp anordnen. Möglicherweise würde das Verfahren analog zur Weservertiefung ablaufen, gegen die bereits Klagen von Umweltverbänden anhängig sind. Dort gibt es ein Moratorium bis zu einem Ortstermin mit dem Gericht Ende April. Das sei die entscheidende Hürde, kommentieren die Hamburger Grünen: „Die Weservertiefung zeigt, dass die Chancen nicht schlecht stehen, einen Baustopp und Nachbesserungen zu erreichen.“

Hamburg will noch in diesem Jahr mit den Bauarbeiten beginnen. Nach der Ausbaggerung soll der Hamburger Hafen von Schiffen bis 13,5 Meter Tiefgang jederzeit und von Schiffen bis 14,5 Meter Tiefgang tideabhängig befahrbar werden. Über die Kosten gibt es keine offiziellen Angaben. Klar ist, dass die ursprüngliche Schätzung von 385 Millionen Euro nach jahrelangen Verzögerungen nicht mehr gilt. Die Hamburger Grünen haben Kosten von rund 630 Millionen Euro errechnet.

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