Elektromagnetismus: Handy-Strahlen wärmen nur

Auch die Strahlung des umstrittenen Handy-Senders Hardenbergstraße liegt weit unter den Grenzwerten, sagt eine bundesweite Studie. "Körpernahe Endgeräte" strahlen sehr viel stärker.

Hardenbergstraße: Sendealnagen und Kita passen zusammen Bild: kawe

„Da bin ich doch sehr erleichtert, wenn ich diese Ergebnisse höre“, dieses Geständnis rutschte gestern Thomas Lecke-Lopatta heraus, der beim Bausenator zuständig ist für die Bürgerverfahren bei der Aufstellung von Sendemasten. Vor Jahren habe die Behörde bei Anwohnerbedenken immer wieder gesagt, dass die Funkantennen nicht gesundheitsgefährlich sein würden – aber damals habe man kaum abschätzen können, wie sich die Nutzung des Mobilfunks entwickeln würde. Inzwischen gebe es mehr SIM-Karten als Einwohner und bald würde auch Kühlschränke „online gehen“ – dennoch schöpfe die Strahlenbelastung weniger unter zehn Prozent des Grenzwertes aus, berichtete Christian Bornkessel, Mitglied der Deutschen Strahlenschutzkommission (SSK).

Das Institut für Mobil- und Satellitenfunktechnik (IMST) hatte bundesweit an 91 Sende-Punkten gemessen – auch der Bremer Bunker in der Hardenbergstraße war dabei, auf dem gleich sechs Sendeanlagen stehen – direkt neben einer Kita. Einer der Sendeanlagen nutzt dabei die neue LTE-Technik, LTE ist das Kürzel für „Long Term Evolution“ und soll den UMTS-Standard ablösen. Von seinen Strahlenwerten ist LTE der bisherigen GSM- und UMTS-Technik vergleichbar.

An 95 Prozent der Messpunkte würde, so das Ergebnis der Untersuchung, selbst bei Hochrechnung auf eine theoretische Maximalauslastung aller dort installierten Sendeanlagen, weniger als zehn Prozent der gültigen Feldstärke-Grenzwerte erreicht. Die Studie wurde gemeinsam von den Mobilfunk-Betreibern, den Ländern und dem Bundesumweltministerium (BMU) finanziert. Matthias Otto, Vertreter des Kinderärzteverbandes „Kinderumwelt“, versichert, auch für Kinder seien die gemessenen Werte nicht besorgniserregend. Deutlich höhere Belastungen, so Otto, gingen von „körpernah getragenen“ Endgeräten aus: Handys, Smartphones und „auf den Knien liegenden Laptops“. Auch die seien kaum gesundheitsgefährdend – da die wesentliche Wirkung der elektromagnetischen Wellen die Erwärmung von Körperzellen sei.

Die Strahlung ist physikalisch umso höher, je näher die Quelle an den wärmeempfindlichsten Teilen des Körpers ist, etwa Augen oder Hoden. Die Sender auf Hochhaus-Dächern haben aber komplizierte Strahlungs-Charakteristiken – meist strahlen sie „tellerförmig“ mit geringer Neigung nach unten ab. Das bewirkt, dass die Strahlungsbelastung unten am Sender-Hochhaus gering ist, in einer Entfernung von 200 bis 300 Metern wird sie stärker. Höhere Werte haben die Wissenschaftler auch gemessen in der obersten Etage von Hochhäusern, die in geringer Entfernung zu den Sendemasten stehen.

Laut Matthias Ross vom Bremer Gesundheitsamt sind nicht alle möglichen Risiken der Strahlung erforscht, ein Restrisiko bleibe. Seine Behörde ist dennoch sehr zurückhaltend mit warnenden Hinweisen, um keinen „Nocebo“-Effekte zu provozieren, umgekehrte Placebo-Effekte: Wenn jemand überzeugt ist, etwas sei schädlich, kann dies Schäden hervorrufen.

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