Elektronische Fußfessel: Senat steht auf Fesselspiele

Der Justizsenator will die elektronische Fußfessel auch für Untersuchungshäftlinge nutzen. Die Opposition ist skeptisch.

Die Fessel, rechts im Bild am linken Fuß. Bild: dapd, Martin Oeser

Die elektronische Fußfessel, ein Überwachungsgerät per Funk, soll auch in Berlin kommen. Der Senat hat am Dienstag beschlossen, sich dazu an einem Projekt von fünf Bundesländern zu beteiligen. Nach Vorstellungen von Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sollen die Fessel entlassene, als gefährlich eingestufte Straftäter tragen, die bislang in Sicherungsverwahrung sind. In Berlin betrifft das derzeit 38 Fälle. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Sicherungsverwahrung gekippt und eine Neuregelung gefordert. Weitere Anwendung sieht Heilmann bei Untersuchungshäftlingen, nicht aber bei normalen Haftstrafen.

Die Fußfessel, laut Heilmann eine Art Handy, das mit einem Gummiring am Bein befestigt ist, meldet den Aufenthaltsort des Trägers. Es soll Alarm schlagen, sobald es entfernt wird oder der Träger sich Bereichen nähert, die ihm untersagt sind - bei entlassenen Sexualstraftätern etwa Kindergärten. Kontrolliert wird das nicht in Berlin, sondern in einer bereits eingerichteten Überwachungsstelle in Hessen. Heilmann zufolge werden von dort aus derzeit bundesweit sieben Personen mit Fessel überwacht.

Heilmann soll nun einen Gesetzentwurf erarbeiten lassen, über den voraussichtlich bis zum Sommer das Abgeordnetenhaus befindet. Die letztliche Entscheidung, wer die Fußfessel trägt, trifft aber der jeweilige Richter.

In der rot-roten Vorgängerregierung hatte laut Heilmann Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) Bedenken zur Wirksamkeit. "Meine Haltung ist eher: Grau ist alle Theorie - lasst uns das mal ausprobieren", sagte Heilmann dazu. "Wenn es funktioniert, ist es in jedem Fall billiger als ein Haftplatz". Ein solcher Platz kostet pro Tag rund 124 Euro, als Grundkosten für das Fesselsystem gab Heilmann rund 80.000 Euro an. Anders als es in den USA der Fall ist, soll die Fessel aber nicht dazu dienen, mehr Platz in den Gefängnissen zu schaffen. "Der normale Häftling kommt dafür nicht infrage", sagte der Senator.

Oppositionsvertreter äußerten sich äußerst skeptisch zu der Entscheidung des Senats. "Mir fehlt grundsätzlich ein Konzept, wie mit der Sicherungsverwahrung umzugehen ist", kritisierte der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Klaus Lederer. Er räumte zwar ein, dass die Fessel für Untersuchungshäftlinge von Vorteil sein könnte - "das ist schon ein milderes Mittel, als die Leute wegzusperren". Er befürchtet aber Auswirkungen auf die gängigeRechtsprechung: "Wenn das Ding einmal da ist, dann steigt auch der Druck, das breit zu nutzen."

Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux warnte davor, sich zu sehr auf technische Neuerungen zu verlassen. "Die Fußfessel ist kein Allheilmittel", sagte er. "Man weiß nur, wo jemand ist, aber nicht, was er macht. Das kann einen resozialisierungsorientierten Vollzug nicht ersetzen." Skepsis kam auch von Lux' Kollegen von der Piratenfraktion, Christopher Lauer. "Der Fessel liegt der Irrglaube zu Grunde, man könne mit Technik in der Justiz sparen", sagte Lauer der taz. Technik sei nie hunderprozentig, könne ausfallen - "und dann?", fragte er. "Ich weiß auch nicht, ob eine Fußfessel einen gefährlichen Menschen daran hindert, im Affekt eine Tat zu begehen."

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