Emanuel Buchmann bei Tour de France: Der Kletterer aus der Schreinerei

Vor allem am Berg liegen seine Stärken: Emanuel Buchmann könnte in diesem Jahr bei der Tour de France den Durchbruch schaffen.

Emanuel Buchmann

Hat nichts zu verlieren als seine Kette: Emanuel Buchmann Foto: dpa

„Betten machen dauert bei uns leider etwas länger als im Märchen“ lautet das Motto der Schreinerei Buchmann in Vogt bei Ravensburg. Geführt wird sie von Manfred Buchmann, dem Vater des Radprofis Emanuel, der in diesem Jahr seine dritte Tour de France bestreitet.

Die Zeichen stehen gut, dass es Buchmann juniors bisher beste Tour wird. Denn getreu dem väterlichen Spruch hat er sich Ruhe und Zeit genommen, um zu dem zu werden, was er ist: derzeit Deutschlands bester Kletterer, der mittlerweile auch in der Weltspitze mithält.

Das demonstrierte er eindrucksvoll in dieser Saison bei den Vorbereitungsrennen Tour de Romandie und Critérium du Dauphiné. Da hielt er auf den jeweiligen Königsetappen Männer wie die Toursieger Chris Froome und Alberto Contador, aber auch den aktuellen Top-Tour-Favoriten, Richie Porte, auf Distanz.

Gewonnen hat Buchmann diese Rundfahrten noch nicht: Bei der Romandie-Tour verspielte er eine Podiumsplatzierung durch das Zeitfahren; bei der Dauphiné waren in der Endabrechnung Cracks wie Jakob Fuglsang und Porte besser. Aber: Froome, der vor seinen Toursiegen 2013, 2015 und 2016 jeweils die Dauphiné gewonnen hatte, diesen Froome ließ Buchmann hinter sich.

„Ein ganz starker Auftritt“, lobte ihn danach sein Teamchef Ralph Denk. Er strich auch die Nervenstärke des 24-Jährigen heraus, der in den jeweils entscheidenden Phasen oft die richtigen Entscheidungen traf: Wie lange versucht man dranzubleiben bei den Besten? Wann fällt man ins eigene Tempo zurück? Wann wagt man sich sogar selbst einmal hervor?

Ein kleiner Rückschlag

Vor zwei Jahren schnappte er als Neuprofi Deutschlands Radspitze den Meistertitel weg. Zwei Wochen später bei der Tour de France staunten gestandene Rundfahrer nicht schlecht über den schmächtigen Burschen, der sich in den Pyrenäen einfach nicht abschütteln ließ. Bei der Etappe zum Col du Tourmalet wurde er Dritter. Da merkte Radsport-Deutschland, dass es wieder einen Kletterer hatte.

Prompt setzte „Emu“-Mania ein. Wann er denn die Tour de France gewinnen könne, wurde er wiederholt gefragt. Buchmann lächelte dann still in sich hinein und verwies auf die weiten Wege, die er noch zurückzulegen hätte, um auf Top-Ten-Niveau zu kommen. Er nahm wahr, was um ihn herum geschah, ließ sich aber nicht verrückt machen. „Ich wurde bei dieser Tour ganz anders wahrgenommen von der Öffentlichkeit. Das war teilweise extrem. Aber man wächst ja auch ein Stück weit ­hinein in diese Si­tua­tion und gewöhnt sich daran.“

Bei der Tour im Folgejahr erfolgte ein kleiner Rückschlag. Buchmann ließ bei der Regenschlacht von Andorra Federn; sein Körper war in den Tagen danach gezeichnet. Er gab sich aber nicht auf und wurde am Ende in der Gesamtwertung immerhin 21. Keine Platzierung für Schlagzeilen. Aber Buchmann führte den Ausbildungsabschnitt, eine Tour de France mit dem Druck auf Klassement zu fahren, anständig zu Ende.

Jetzt tritt er in einen neuen Ausbildungsabschnitt ein, wird Edelhelfer für Rafal Majka, der in die Top fünf will. „Meine Aufgabe ist es, unseren Leader zu unterstützen“, sagte Buchmann vor Tourstart in Düsseldorf. Das bedeutet für ihn, alle Kraft für seinen Kapitän zu investieren. Wie viel Raum da noch für eigene Ambitionen ist, wird man in den kommenden Wochen sehen. „Um Majka unterstützen zu können, muss ich natürlich auch selber vorne dabei sein. Wir werden also sehen“, sagt er. Einen speziellen Wunsch hat Bora-Hauptsponsor Willi Bruckbauer: „Wenn Buchmann einen Etappensieg holt, dann wäre das großartig.“

Wie clever Buchmann im Finale sein kann, zeigten die Deutschen Meisterschaften am vergangenen Wochenende. Er initiierte auf der letzten Runde die entscheidende Attacke und enteilte gemeinsam mit seinem Teamkollegen Marcus Burghardt der Konkurrenz. Dass er es dann nicht auf einen Sprint ankommen ließ, sondern seinem Begleiter den Vortritt ließ, rührte den 34-jährigen Burghardt fast zu Tränen. Buchmann kann sich sicher sein, dass sich der Oldie schier das Trikot zerreißen wird, wenn es auf Hilfe für den Youngster ankommt. Auch Gönnenkönnen ist eine Qualität auf dem Weg nach oben. Und Emanuel Buchmann hat auch sie.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.