Ende der Klimakonferenz in Warschau: Knapp am Eklat vorbei

Auch ein verheerender Taifun reicht nicht aus, um einen Klimagipfel erfolgreich zu machen. Die Konferenz endet mit mühseligen Kompromissen.

Glücklich und zufrieden? UN-Klimasekretärin Christiana Figueres nach Abschluss des Klimagipfels in Warschau Bild: reuters

WARSCHAU taz | Am Ende wäre alles fast an dem Wörtchen „under“ gescheitert. Nein, dieser Textstelle werde er nicht zustimmen, sagte der philippinische Delegierte Yeb Sano am Samstagabend, 18 Stunden nach dem offiziellen Ende der Klimakonferenz. „Unter“ dem Rahmen für Anpassung an den Klimawandel sollte das neue Gremium, der „Warschauer Internationale Mechanismus“ für den Umgang mit „Verlust und Schäden“ durch den Klimawandel angesiedelt werden: Darauf hatten sich mehr als 190 Delegation nach nervenaufreibender Debatte geeinigt.

Aber Sano stellte sich quer: „Mein Land hat schon akzeptiert, dass dieser Mechanismus weder konkrete Mittel noch Fristen hat. Es geht um reale Menschen.“ Der Gipfel kam wieder einmal knirschend zu einem Halt.

Yeb Sano hatte die Klimakonferenz schon am Beginn gerockt - durch einen emotionalen Appell an die Delegierten, vor dem Hintergrund des tödlichen Taifuns „Haiyan“ in seiner Heimat endlich zu Ergebnissen zu kommen. Und durch seinen Hungerstreik, den er seitdem durchhielt. Als er dann am letzten Tag die Konferenz durch seine Verweigerung wieder durcheinander brachte, rief der Konferenzleiter zur Problemlösung eine informellen Gruppenbildung am Rande der Sitzung, in der kleine Probleme wie ein einzelnes Wort aus der Welt geschafft werden.

Und Sano, trotz seiner Ghandi-Methoden und seiner Scheu vor Interviews ein gewiefter und erfahrener Spieler im Klimapoker, bekam ein typisches UN-Ergebnis: Der Text wurde an mehreren Stellen nachgebessert; das Gremium landet bei der ungeliebten „Anpassung“, das wird aber in drei Jahren nochmal überprüft.

„Jahr der Ambitionen

Denn auch ein verheerender Taifun zu Beginn der Konferenz reicht nicht aus, um einen Klimagipfel erfolgreich zu machen. Nach der 19. UN-Klimakonferenz kriecht der weltweite Klimaschutz nun langsam einen Schritt weiter. Neben dem „Verlust und Schaden“-Gremium beschlossen die Delegierten am Samstagabend einen Zeitplan für die nächsten Jahre, einen blutleeren Kompromiss zur Finanzhilfen für arme Staaten und ökologische Leitplanken für den Waldschutz.

Nach dem Fahrplan soll 2014 das „Jahr der Ambitionen“ werden, um 2015 in Paris einen neuen umfassenden Klimavertrag auszuhandeln. Ob es dafür allerdings auch Fahrgäste gibt, muss sich zeigen. Die Staaten sollen Vorschläge für den Vertragstext machen und spätestens im März 2015 ihre Reduktionsziele angeben. Am 23.September 2014 will UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Staatschefs bei einem Sondergipfel in New York außerdem Druck machen. Nach einer Blockade von China und Indien in letzter Minute hatten die Staaten den Begriff „Verpflichtungen“ zu Emissionsreduzierungen durch den schwächeren Ausdruck „Beiträge“ ersetzt.

Bei der Finanzierung konnten sich die Entwicklungsländer nicht mit der Maximalforderung durchsetzen, im Text 70 Milliarden Dollar Klimahilfen für das Jahr 2017 festzuschreiben. Dafür gab es nur die Zusicherung, die Beträge bis zu den versprochenen 100 Milliarden in 2020 gleichmäßig ansteigen zu lassen - und jetzt darüber zu reden, wo das Geld herkommen und wie es berechnet werden soll. Der leere Fonds für Anpassung wurde mit 100 Millionen Euro - 30 Millionen davon aus Deutschland - aufgefüllt. Beim Waldschutzprogramm „REDDplus“ einigten sich die Staaten darauf, die Zahlungen für die Schonung von Wäldern an ökologische und soziale Kriterien zu binden.

Fast gegen die Wand gefahren

Am Samstagmittag war der Gipfelzug fast gegen die Wand gefahren. China und Indien hatten außerdem einen Text verlangt, mit dem sie sich aus ihren Verpflichtungen zum Klimaschutz ab 2020 verabschiedeten.

Mit mühseligen Kompromissen endete eine Konferenz, bei der eigentlich anders als in den letzten Jahren keine drängenden Probleme anstanden. Doch die Stimmung auf dem Gipfel, die am Beginn durch die Nachrichten aus den Philippinen positiv war, wendete sich in den zwei Wochen zur Gereiztheit. Das kam auch daher, dass Australiens neue Regierung durch ihren harten Anti-Klima-Kurs den falschen Ton setzte und Japan sich schließlich als Schwarzfahrer pünktlich zum Beginn der Konferenz von seinen Klimaschutz-Zielen verabschiedet.

Die Weigerung der Industriestaaten, mehr Geld auf den Tisch zu legen und die starke Präsenz der Kohle- und Öllobby als Sponsoren der Konferenz führten am vorletzten Tag zum Auszug der meisten Umweltverbände. Ebenfalls während der Konferenz wurde der Sitzungspräsident, Polens Umweltminister Marcin Korolec, von seinem Premier gefeuert. Und mit Kritik an seiner unentschiedenen Verhandlungsführung in den entscheiden letzten Nächten hielten sich die Delegierten nur mühsam zurück.

„Spätestens jetzt ist klar, dass dieser Prozess allein nicht zum Ziel führt, den Klimawandel unter zwei Grad zu halten“, sagte Christoph Bals von der Entwicklungsorganisation „Germanwatch“. „Es wird immer deutlicher, wie vergiftet die Atmosphäre ist“. Die Chefin der UN-Klimabehörde UNFCCC meinte, der Abschluss „bringt uns in die Spur für ein Abkommen in Paris, aber nicht in die Spur zum Zwei-Grad-Ziel.“ Jennifer Morgan, Klimaexpertin des „World Resources Institute“ forderte die Delegierten auf, „nach Hause zu gehen und echten Fortschritt bei den Plänen zu machen, die das Rückgrat eines Klimavertrags 2015 sein sollen“.

Solidarität mit Klimaopfern

Das Gleiche forderte die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard, die erleichtert war, dass es nicht zu einem Rückschritt gekommen war. „Vor uns liegen noch große Herausforderungen“, meinte Hedegaard. Auch Wael Hmaidan, Direktor des „Climate Action Network“ (CAN) lobte, die Konferenz habe „den wenigen politischen Willen zusammengebracht“, davon sei nun aber im „Jahr der Ambitionen 2014“ noch viel mehr nötig.

Die Klimaschützer jedenfalls waren mit ihrem Hungerstreik, mit dem sie Yeb Sano unterstützt hatten, zufrieden: „Die tausende von Menschen aus Umweltgruppen und Kirchen werden in den zwei Jahren bis nach Paris das Fasten fortsetzen: In jedem Monat einen Tag aus Solidarität mit den Klimaopfern.“

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