„Energie-Atlas“ für Europa: Argumente gegen die Bremser

Die EU braucht mehr grüne Energie, aber viele Staaten wehren sich dagegen. Die Böll-Stiftung und Öko-Betriebe legen deshalb einen „Energieatlas“ vor.

Eine Kohlezeche am Abend

Der Plan: Sonnenuntergang für die Fossilen Foto: dpa

Es sind Zahlen, Daten und Grafiken, die die europäische Energiewende voranbringen sollen: 2050 könnte sich die EU zu hundert Prozent aus grüner Energie versorgen; in Deutschland wären das etwa zu jeweils einem Drittel aus Wind und Solarkraft und anderen erneuerbaren Quellen. Das würde pro Jahr etwa 3,2 Billionen Euro an Investitionen kosten – allerdings käme ein „weiter-so“-Szenario mit einer Energieversorgung aus Atom, Gas und Kohle auch auf etwa 2,8 Billionen Kosten.

Fazit: Eine nachhaltige Energieversorgung „muss europäisch sein, sie ist machbar und bezahlbar“, sagt Ellen Überschär vom Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Sie präsentierte am Dienstag in Berlin den „Energieatlas“, der auf 50 Seiten die Lage und die Zukunftsaussichten der Öko-Energien in der EU zusammenfasst.

Beteiligt sind auch die europäischen Vereinigung für erneuerbare Energie (EREF), der Green European Foundation und Le Monde diplomatique. In der Vergangenheit hat sich die Böll-Stiftung mit „Atlanten“ den Themen Fleisch, Meere, Kohle, Böden oder Konzerne angenommen. Jetzt folgen die Argumente für einen schnellen Umbau der Energiesysteme.

Das Thema ist hochaktuell. Gerade entscheidet die EU über das „Winterpaket“, das saubere und bezahlbare Energie für alle 500 Millionen EU-Bürger garantieren soll. Gleichzeitig merken die Europäer, dass sie sich schneller von Kohle, Öl und Gas verabschieden müssen als gedacht, wenn sie ihre verbindlichen Klimaziele einhalten wollen – und auch diese Ziele müssen verschärft werden.

Die EU braucht Öko-Energien. Aber viele Länder mauern

Nun aber setzen die rechtspopulistischen Regierungen in Polen, Ungarn und anderen Staaten lieber auf heimische Kohle und Atom als auf Wind und Solaranlagen, die sie teuer importieren müssen.

„Ehrgeiz ist in der EU Mangelware“ heißt denn auch eines der Kapitel. Denn bisher planen die Europäer in ihren Zielen für 2030 nur einen Anteil von Öko-Energien von 27 Prozent. Bisher sind es etwa 17 Prozent. Die Fortschritte bei der Effizienz und die schnell fallenden Preise für Sonne und Wind führten aber dazu, dass die Kommission selbst davon ausgeht, dass 30 Prozent locker zu schaffen sind. Und die Umweltschützer und das Europäische Parlament drängen auf einen Mindestanteil von 35 Prozent.

„Wenn man einen Todgeweihten weiter füttert, dann stirbt er nicht“, sagte Dörte Fouquet vom der EREF. Sie bezog sich damit auf die Zahlen des Atlas, nach denen in der EU jedes Jahr 36,6 Milliarden Euro an direkten und indirekten Subventionen an die Industrien von Kohle und Gas ausgezahlt werden. Dagegen stehen 40,3 Milliarden Staatshilfen an die Erneuerbaren. Der Bericht beleuchtet unter anderem die Folgen der Energiewende für die „Bürgerenergie“, nennt Städte und Kommunen als wichtige Akteure der Umgestaltung, auch wenn die nationalen Regierungen im EU-Rat „inzwischen die Feinde der Energiewende sind“, wie Fouquet sagt.

Ausführlich widmet sich der Atlas auch den „Sorgenkindern“ der europäischen Energiewende: Polen, Tschechien, Griechenland oder Frankreich, das mit seiner Tradition der Atomkraft „einen so tiefen Strukturwandel vor sich hat wie kein anderes Land“. Aber auch Deutschland sei ein „Vorbild, das keines ist“, heißt es im „Energieatlas“: Beim Strom gibt es Fortschritte, Heizung und Verkehr stehen noch am Anfang. Das größte Problem heißt nach wie vor Kohle.

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