Energiepolitik in Hamburg: Auch Vattenfall steht zur Wahl

Kauft Hamburg sein Strom- und Fernwärmenetz zurück? Dabei geht es unter anderem um die Energiewende. Im November gibt es auch in Berlin ein Referendum.

Wartungsarbeiten in Hamburg-Harburg an einer Stromleitung. Bild: ap

HAMBURG taz | Der Blick geht nach Hamburg. Wenn die Wahlsieger am Sonntagabend längst feststehen, in den Wahlstudios so langsam das Licht erlischt, ist der Nervenkitzel für die Manager in den Vattenfall-Zentralen in Berlin und Hamburg noch längst nicht vorbei. Erst gegen Mitternacht werden sie wissen, ob sie weiterhin fürchten müssen, ihre Strom- und Fernwärmenetze in Hamburg zu verlieren.

Dann sollen laut Landeswahlleiter die Ergebnisse des Volksentscheids über den Rückkauf der Energienetze feststehen, zu denen auch noch das von einer E.ON-Hanse-Tochter betriebene Gasnetz gehört. Sechs Wochen später dann wird es erneut spannend, wenn am 3. November in Berlin ein vergleichbarer Volksentscheid ansteht.

An Elbe und Alster beschäftigt die Frage nach dem Rückkauf der Netze viele Bürger längst mehr als die Frage, mit wem Angela Merkel zukünftig regiert. Veranstaltungen zum Thema sind überfüllt, und in den Kneipen der Stadt wird heftig über das Pro und Contra eines Netzrückkaufs diskutiert.

Schuld daran ist die Initiative „Unser Hamburg – unser Netz“, der sich 50 Organisationen vom Umweltverein bis zur Verbraucherzentrale angeschlossen haben. Sie inszeniert den Volksentscheid geschickt als Referendum über den Vattenfall-Konzern.

Scholz gegen Netzrückkauf

Das Unternehmen, das in Deutschland lange auf Atom setzte und nun vor allem durch den Bau von Kohlekraftwerken wie in Hamburg-Moorburg Schlagzeilen macht, hat ein gewaltiges Imageproblem. Die Behauptung, das mit Vattenfall keine Energiewende zu machen sei, wird in der laufenden Debatte nun immer wieder angeführt – vor allem von den Grünen.

An die Spitze der Bewegung gegen den Netzrückkauf hat sich Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gestellt. Er weiß dabei die Wirtschaftsverbände der Stadt, einen Großteil der Gewerkschaften und auch den Bund der Steuerzahler hinter sich. Um der Initiative den Wind aus den Segeln zu nehmen, vereinbarte Scholz mit den Chefs von Vattenfall und E.ON bereits Ende 2011, die Netze zukünftig in gemeinsamen Gesellschaften zu betreiben.

An ihnen hält Hamburg jeweils 25,1 Prozent der Anteile. Die Minderheitsbeteiligungen werden die Stadt 543,5 Millionen Euro kosten, das Gesamtpaket aber wäre kaum unter zwei Milliarden Euro zu haben – eine stattliche Summe für den mit 23 Milliarden Euro tief verschuldeten Stadtstaat.

70 Stadtwerke neu gegründet

Die Meinungen gehen in Hamburg auch darüber auseinander, ob ein Rückkauf eine Energiewende überhaupt befördern kann, oder ob ein teurer Rückkauf nicht mehr finanzielle Risiken als Chancen mit sich bringt. Zumindest im streng regulierten Strom- und Gasmarkt sind die energiepolitischen Spielräume der Netzbetreiber eng begrenzt.

Hier gehe es beim Kauf nur „um Kabel und Rohre“, so Scholz. Lediglich bei der Fernwärme kann der Netzbetreiber mitbestimmen, wie ökologisch diese hergestellt wird – nur da sei für die Umwelt also etwas rauszuholen.

Der Ausgang des Hamburger Volksentscheids gilt als völlig offen. Referenden zur Frage der Energieversorgung liegen aber im Trend: Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) haben seit 2007 bereits 200 Kommunen ihre Netze von privaten Energieunternehmen zurückgeholt, die meisten betreiben sie mit wirtschaftlichem Erfolg. Zudem wurden etwa 70 Stadtwerke neu gegründet, um vor allem die kommunale Stromversorgung wieder in die eigene Hand zu bekommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.