Engagement ungleich verteilt: Ein Atlas für Flüchtlingshilfe

2.000 HamburgerInnen in 110 Institutionen versuchen den Ankömmlingen zu helfen. Verteilung über die Stadt entspricht nicht immer dem Bedarf, zeigt eine Erhebung.

Um die künftigen Bewohner der "Transit" kümmert sich die Harburger Flüchtlingsinitiative. Bild: dpa

Seit März haben sie sogar ein Büro: Die Harburger Flüchtlingshilfe Binnenhafen ist gut aufgestellt, um den Flüchtlingen auf dem Wohnschiff „Transit“ unter die Arme zu greifen. Mehr als 200 Geflohene sollen einziehen, sobald die technischen Probleme an Bord behoben sind.

Für die rund 50 ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer gibt es also viel zu tun. „Wir haben richtige Abteilungen“, sagt Hans-Joachim Schulz, einer der Helfer. Er zählt auf: die Willkommensgruppe, die Kinderbetreuungsgruppe, die Koordinationsgruppe und die Gruppen, die Sprachkurse geben und Flüchtlinge bei Behördengängen unterstützen. „Wir sind ganz gut beschäftigt“, sagt Schulz.

Initiativen wie die aus dem Harburger Binnenhafen gibt es inzwischen an vielen Standorten von Flüchtlingsunterkünften. Die Sozialbehörde schätzt die Zahl der Hamburger, die sich ehrenamtlich um Flüchtlinge kümmern, inzwischen auf mehr als 2.000. Offiziell beim städtischen Unterkunftsbetreiber Fördern und Wohnen gemeldet sind derzeit 900, 530 mehr als noch Anfang 2014. Sie machen Ausflüge mit den Unterkunftsbewohnern, Helfen bei der Wohnungssuche oder begrünen die kargen Containersiedlungen, in denen die Flüchtlinge leben müssen. Die Palette des Engagements ist breit.

Nun ist erstmals erfasst worden, wie viele Initiativen aktiv sind – wiederum ehrenamtlich. Die „Hamburger Initiative für Menschenrechte“ hat einen „Atlas für Flüchtlingshilfe“ erstellt. Neben der Harburger Flüchtlingshilfe sind auf der Homepage 109 weitere Vereine, Organisationen und Anlaufstellen aufgelistet, sortiert nach den Arbeitsbereichen Beratung, Bildung, Lobbyarbeit, Partizipation und Versorgung. „Von linksautonom bis relativ konservativ ist alles dabei“, sagt Johanna Dyckerhoff, die den Atlas erstellt hat.

Jedoch erhebe die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sagt Dyckerhoff. Das wäre angesichts der zahlreichen Neugründungen in diesem Bereich wohl auch nicht möglich. Allein im vergangenen Jahr sind nach der Zählung der Menschenrechtler 13 Initiativen hinzugekommen.

Gerade im sozialen Netzwerk Facebook entstehen laufend neue Zusammenschlüsse. „Großartig“, findet Dyckerhoff: „Auf einmal arbeiten Leute zusammen, die sich gar nicht kennen.“ Diese Zusammenarbeit unter den Ehrenamtlichen noch zu verstärken, sei ein Ziel des Atlas: „Die Initiativen können so voneinander erfahren.“

Auskunft gibt der Atlas aber auch über die räumliche Verteilung der Ehrenamtlichen. „Die Anzahl der Initiativen stimmt nicht immer mit dem Bedarf überein“, findet Dyckerhoff. Als Beispiel nennt sie den Bezirk Mitte: Während dort mehr als die Häfte der Flüchtlinge in Billstedt und Horn untergebracht seien, seien dort nur sechs von 17 Initiativen aktiv. „Im Hamburger Osten ginge noch einiges“, schlussfolgert sie.

Seit Ende März gibt es auch finanzielle Unterstützung für die Flüchtlingsinitiativen: In den Fonds „Flüchtlinge und Ehrenamt“, den unterschiedliche Hamburger Stiftungen gegründet haben, haben Förderer schon mehr als 150.000 Euro eingezahlt. Schnell und unbürokratisch sollen Flüchtlingsinitiativen Geld erhalten können, verspricht die Hamburger Bürgerstiftung.

Auch die Stadt greift den Initiativen unter die Arme. „Wir unterstützen mit Rat und Tat“, sagt Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer. Auf der Behördenhomepage finden Interessierte zahlreiche Tipps, wie und wo sie sich engagieren können.

Bei Fördern und Wohnen sind inzwischen drei Mitarbeiter Vollzeit damit beschäftigt, die Arbeit der Ehrenamtlichen zu koordinieren. Auch, weil die Arbeit der Initiativen die Verwaltung entlastet, glaubt der Harburger Hans-Joachim Schulz: „Die Behörden sind froh, dass es so viele freiwillige Helfer gibt.“

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