Entführte Schülerinnen in Nigeria: Vage Hoffnung auf Freilassung

Kommen die von der Islamistenmiliz Boko Haram entführten jungen Frauen am Montag frei? In Nigeria gibt es daran viele Zweifel – trotz einer am Freitag verkündeten Waffenruhe.

Werden ihre Hoffnungen endlich erhört? „Bring Back Our Girls“-Aktivistinnen am Freitag in Abuja. Bild: reuters

ABUJA dpa | Sechs Monate nach der Entführung von mehr als 200 Schülerinnen durch die Terrororganisation Boko Haram keimt in Nigeria neue Hoffnung auf eine Freilassung der Mädchen auf. Vertreter der Regierung und der Islamistenmiliz sagten dem US-Sender VOA, die Schülerinnen könnten am kommenden Montag im Zuge eines Waffenstillstands freikommen. Ähnliche Ankündigen hatten sich zuvor als unzuverlässig erwiesen.

Der Stabschef der nigerianischen Streitkräfte, Alex Badeh, hatte am Freitag auf einer Pressekonferenz erklärt, bei Verhandlungen im Tschad sei eine Einigung auf eine Waffenruhe erzielt worden. Alle Einheiten der Armee seien angewiesen worden, Boko Haram nicht anzugreifen. Verhandlungen über die Freilassung der in der Stadt Chibok im Norden entführten Mädchen seien im Gange, erklärte danach ein Regierungssprecher.

Allerdings wurden in Nigeria umgehend Zweifel laut. Der Menschenrechtsaktivist Shehu Sani, der als Kenner von Boko Haram gilt und im Auftrag der Regierung mit der Gruppe verhandelt hatte, wies darauf hin, dass es bislang kein Wort von deren Führungsspitze über eine Waffenruhe gebe. „Jedwede Erklärung, die nicht vom Anführer der Gruppe selbst kommt, kann nicht als glaubwürdig betrachtet werden und wird nicht befolgt werden“, sagte er nach Angaben der nigerianischen Zeitung The Call. Ähnlich äußerte sich der Journalist Ahmad Salkidi, der Kontakte zu der Miliz unterhalten soll.

Fragwürdige Quelle

Der nigerianische Präsidentenberater Hassan Tukur und ein Rebellenvertreter namens Danladi Ahmadu, der sich als Generalsekretär von Boko Haram bezeichnete, sagten hingegen dem Sender VOA in dessen nach Nigeria ausgestrahltem Programm in der Hausa-Sprache, die Übergabe der Mädchen solle im Tschad erfolgen.

Boko-Haram-Kenner Sani sagte dazu, er kenne keinen Danladi Ahmadu. „Meine Versuche, eine Bestätigung für die Waffenruhe zu bekommen, haben kein Ergebnis erbracht. Meine Quellen sagen, sie kennen diese Person nicht.“

Dem Sender BBC sagte Präsidentenberater Tukur, er sei „vorsichtig optimistisch“, dass es zur Freilassung der Mädchen kommen wird. Dafür hatten sich weltweit Zehntausende Menschen mit dem Slogan „Bring Back Our Girls“ eingesetzt. Unter den Protagonisten waren auch Amerikas First Lady Michelle Obama und Hollywood-Schauspielerin Angelina Jolie.

Freilassung Inhaftierter gefordert

Unklar blieb, welche Gegenleistung Nigerias Regierung für die Freilassung erbringen würde. Die Terrormiliz, deren Anschlägen bereits Tausende Menschen zum Opfer fielen, hatte die Entlassung inhaftierter Kämpfer aus dem Gefängnis gefordert. In diplomatischen Kreisen hieß es, die Waffenruhe sei möglicherweise allein für einen Austausch der Mädchen gegen Boko-Haram-Kämpfer vereinbart worden, aber keineswegs der Beginn einer friedlichen Lösung des seit fünf Jahren andauernden bewaffnete Konflikts in Nigeria.

Boko-Haram-Terroristen hatten im August 2011 das UN-Quartier in Nigerias Hauptstadt Abuja mit einer Autobombe in die Luft gejagt. Bei Anschlägen auf Schulen, Märkte, Kirchen und Polizeistationen ermordeten sie seither tausende Menschen. Ihr erklärtes Ziel ist die Errichtung eines Kalifats, in dem die Vorschriften der Scharia-Gesetzgebung gelten.

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