Entführungsfall Block: Ermittlungen gegen früheren BND-Chef Hanning
Staatsanwaltschaft lässt Häuser von Ex-BND-Chef durchsuchen. Es geht um seine mögliche Beteiligung an einer Entführung im eskalierten Sorgerechtsstreit.

Der 79-jährige Hanning und ein früherer Mitarbeiter des Hamburger Landeskriminalamts sollen als „Verantwortliche einer Sicherheitsfirma“ unter anderem einen gescheiterten früheren Entführungsversuch im Jahr 2022 geplant haben.
Zudem sollen Hanning und der frühere Polizist gemeinsam mit Block und Mitarbeitern einer israelischen Sicherheitsfirma versucht haben, den Vater der Kinder und Blocks früheren Ehemann sowie dessen Anwalt „durch wahrheitswidrige Vorwürfe aus dem Bereich der Pädophilie“ in Verruf zu bringen. „Gegenstand der laufenden Ermittlungen“ sei darüber hinaus auch, ob Hanning und der Mitbeschuldigte an der erfolgreichen Entführung der Block-Kinder in der Silvesternacht 2023/2024 beteiligt gewesen seien.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden am Donnerstag im In- und Ausland insgesamt 13 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Es handelte sich um acht Wohn- und Geschäftsadressen der Beschuldigten sowie weitere Objekte von „Nichtverdächtigen“ in mehreren Bundesländern und in der Schweiz.
Völlig eskalierter Sorgerechtsstreit
Die Razzia am Dienstag ist nur die neuste Volte eines völlig eskalierten Streits um das Sorgerecht einer zerbrochenen Familie. Neben dem Ex-BND-Chef spielten schon ehemalige Agenten des israelischen Mossad, prominente Politiker und ein ehemaliger TV-Sportmoderator eine Rolle.
Die Steakhauserbin hat mit ihrem Ex-Mann Stephan Hensel, der mittlerweile in Dänemark lebt, vier gemeinsame Kinder. Im August 2021 waren die nach einem Besuch beim Vater in Dänemark geblieben. Zwar bekam Block vom Gericht das Sorgerecht zugeschrieben, doch die Kinder blieben beim Vater. Auch dänische Behörden gaben ihm Recht.
Block soll daraufhin den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, zu dem Zeitpunkt Bundestagsvizepräsident, dazu bewegt haben, sich bei der dänischen Botschaft für ihren Fall einzusetzen.
Kurz nach Neujahr 2023/24 gibt es dann eine mutmaßliche Entführung der Kinder von einer Restaurantterrasse, bei der der Vater niedergeschlagen und die Kinder teils gefesselt im Auto über die Grenze gebracht worden sein sollen.
Im April hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Steakhauserbin Christina Block und weitere Angeklagte erhoben, darunter ihren heutigen Lebensgefährten, den ehemaligen Fußballmoderator Gerhard Delling.
Seit Mitte Juli wird der Fall vor dem Landgericht Hamburg verhandelt. Im Laufe des Prozesses hat ein 36-jähriger Angeklagter bereits die Beteiligung an der Entführung gestanden. Er betonte, es habe jedoch keine Entführung, sondern eine Rettung der Kinder sein sollen. Den Auftrag habe er vom Chef einer israelischen Sicherheitsfirma bekommen. Den Teilnehmern an der Entführungsaktion seien jeweils 10.000 Euro in Aussicht gestellt worden. Block selbst hat den Vorwurf zurückgewiesen, die Entführung geplant zu haben.
Auch der Sportkommentator Delling beteuerte vor Gericht vehement seine Unschuld. Er habe in seinem Leben „nie etwas Strafbares“ getan und sich immer aus „tiefer Überzeugung“ gegen Gewalt positioniert.
Zuletzt war bekannt geworden, dass Block den früheren Regierungssprecher Béla Anda engagiert hat. Anda hatte Anfang September mitgeteilt, dass er Block kommunikativ begleite, „denn eine Mutter hat das Recht, ihre Kinder zu sehen“. Anda war von 2002 bis 2005 Regierungssprecher unter dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder (SPD).
August Hanning war von 1998 bis 2005 Chef des Bundesnachrichtendienstes. Unter Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde er Staatssekretär im Innenministerium und war unter anderem für die Bundespolizei zuständig. 2009 ging er in den Ruhestand.
Der Prozess wird fortgesetzt.
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