Entscheidung des Verfassungsgerichts: Südkoreas Abtreibungsverbot wackelt

66 Jahre alt ist das Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen in Südkorea. Die Verfassungsrichter des Landes entschieden nun, dass es gelockert werden soll.

Demonstrant*innen in Seoul halten Schilder und Fotos von Föten hoch

Auch in Südkorea wird für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung auf die Straße gegangen Foto: reuters

SEOUL dpa | Das jahrzehntelange strikte Abtreibungsverbot in Südkorea verstößt gegen die Verfassung des Landes. Das entschieden die Richter des Verfassungsgerichts am Donnerstag mit einer Mehrheit von sieben zu zwei Stimmen. Sie riefen das Parlament auf, das 66 Jahre alte Abtreibungsgesetz bis Ende nächsten Jahres so zu lockern, dass ein Schwangerschaftsabbruch im frühen Stadium möglich wird.

Das derzeitige Gesetz schränke das Recht schwangerer Frauen ein, selbst über sich zu entscheiden, schrieben sie. „Das steht im Widerspruch zum Prinzip, dass Verstöße gegen die Persönlichkeitsrechte möglichst gering gehalten werden sollen.“

Indem nach wie vor von konfuzianistischen Werten geprägten ostasiatischen Land wurden über das umstrittene Abtreibungsgesetz in den vergangenen Jahren heftige Debatten geführt. Noch vor sieben Jahren hatte das Verfassungsgericht beschlossen, das Gesetz, das die Abtreibung von Föten unter Strafe stellt, müsse aufrechterhalten werden. Erst nach 1973 begann Südkorea damit, eine Abtreibung in Ausnahmefällen wie Vergewaltigung, Inzest oder bei Gefährdung des Lebens der Mutter zu erlauben.

Die Richter entschieden jetzt, das Verbot zum Schwangerschaftsabbruch falle automatisch weg, falls sich der Gesetzgeber bis Ende 2020 auf keine Änderung einige. Die Entscheidung geht auf die Beschwerde einer Geburtshelferin und Frauenärztin zurück, gegen die wegen Abtreibungen in mehreren Fällen ein Verfahren lief. In ihrer Beschwerde argumentierte sie, das Verbot verstoße gegen das Recht der Frauen auf eigenes Glück.

Geschätzte 50.000 illegale Abbrüche im Jahr 2017

Trotz des Verbots gibt es in Südkorea häufig Abtreibungen. Doch nur in wenigen Fällen kommt es zu einer Verurteilung. Auf der Grundlage von Hochrechnungen, die auf Umfragen beruhen, schätzt das staatliche Institut für Gesundheit und Sozialfragen die Zahl der Abbrüche im Jahr 2017 bei Frauen im Alter zwischen 15 und 44 Jahren auf etwa 50.000, von denen die meisten illegal gewesen seien.

„Die Zahl ist offensichtlich rückläufig“, sagte ein Sprecher des Instituts. Als mögliche Gründe nannte das Institut eine wachsende Zahl von Frauen, die auf Verhütungsmittel zurückgriffen, sowie einen Rückgang der Zahl von Frauen im gebärfähigen Alter.

Frauen, die abtreiben lassen, droht bei einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr. Ärzte, die den Eingriff durchführen, können mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.

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