Enttarnung von US-Agenten: Moskau im Spionagefieber

Der russische Geheimdienst macht die Identitäten amerikanischer Agenten öffentlich. Ob das den Beziehungen der Länder ernsthaft schadet, ist unklar.

Enttarnt? Ryan Fogle nach seiner Festnahme. Bild: ap

MOSKAU taz | Der russische Geheimdienst FSB hat am Samstag die volle Identität des Büroleiters des Geheimdienstes CIA an der US-Botschaft in Moskau öffentlich gemacht. Bereits Anfang der Woche war ein Mitarbeiter der US-Vertretung bei dem Versuch in flagranti erwischt worden, einen russischen Agenten aus dem nordkaukasischen Krisengebiet anzuwerben.

Der enttarnte mutmaßliche US-Agent Ryan Fogle war seit drei Jahren an der Botschaft offiziell als dritter politischer Sekretär tätig. Der Bürochef des US-Auslandsgeheimdienstes sei schon 2011 offiziell gewarnt worden, keine weiteren Schritte zur Rekrutierung russischer Sicherheitskräfte zu unternehmen, zitierte Interfax einen Mitarbeiter des FSB-Geheimdienstes.

Bereits im Januar soll ein weiterer vermeintlicher Agent wegen ähnlicher Handlungen des Landes verwiesen worden sein. Ob es sich bei dem Einsatz der russischen Spionageabwehr um eine konzertierte und vom Kreml abgesegnete Aktion handelt ist auch gut informierten Beobachtern noch nicht klar. Umstritten ist auch, ob Moskau mit der Namensnennung tatsächlich gegen diplomatische Gepflogenheiten verstoßen hat.

Erst vorletzte Woche hatte der Besuch des US-Außenministers John Kerry in Moskau wieder etwas Bewegung in die festgefahrenen und von Groll geprägten gegenseitigen Beziehungen gebracht. Besonders bei der Terrorbekämpfung wollten beide Länder nach dem Anschlag von Boston, dessen Spuren sich in den Nordkaukasus verfolgen lassen, wieder enger zusammenarbeiten. Auch mit der Einberufung einer gemeinsamen Syrien-Konferenz Ende Mai demonstrierten beide Seiten zunächst guten Willen. Selbst die Diskussion über den heiss umstrittenen Raketenabwehrschirm in Europa sollte wieder anlaufen.

Störmanöver und Verstimmungen

Allerdings wurden die Absichtserklärungen schon kurz danach von russischen Waffenlieferungen nach Syrien überschattet. Auch Moskaus Forderung, Iran an der Syrien-Konferenz zu beteiligen, wird in Washington für Irritation gesorgt haben.

Kleinere Störmanöver und Verstimmungen sind fester Bestandteil der russischen Amerikapolitik, seit Präsident Wladimir Putin die Geschäfte offiziell wieder führt. Putins Sprecher kommentierte den Spionagefall als „nicht wertvollen Beitrag bei der Stärkung des Vertrauens zwischen Russland und den USA, das auf ein neues Niveau" gehoben werden solle. Beide Seiten betonten jedoch, dass sich die Spionagejagd nicht auf die Beziehungen auswirken werde.

Dies scheint auch so gemeint zu sein. Während Moskaus Geheimdienst enttarnt, hält sich die Chefetage auffallend im Hintergrund. Die inszenierte Aufdeckung wie in einem billigen Agentenfilm lässt zudem vermuten, dass die Vorstellung nur für ein heimisches Publikum vorgesehen ist. Nach dem Motto: „Die USA spionieren weiter wie im Kalten Krieg, doch wir sind auf der Hut!“

Einige Beobachter wiesen auch auf die Parallelen zum letzten größeren Spionageskandal 2010 hin, als das FBI in den USA einen Ring russischer Residenten aushob. Die langjährigen Agenten arbeiteten noch mit so antiquierten Hilfsmitteln wie Geheimtinte und Erdhügeln als Verstecke. Der russische Auslandsgeheimdienst erntete Spott und Häme. Dafür revanchierte sich die Agentur jetzt bei den Amerikanern, dessen Spion sich in Moskau angeblich mit Kompass und Karte bewegte und mit einer Perücke tarnte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.