Entwurf des Koalitionsvertrags geleakt: Nun dürfen alle mitdiskutieren

Seit Wochen feilschen Union und SPD um einen Koalitionsvertrag. Vor der letzten Runde hat Grünen-Politiker Malte Spitz den Entwurf online gestellt.

Vorbei mit der Geheimniskrämerei: Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf dem Weg zu den Koalitionsverhandlungen. Bild: imago / Christian Thiel

BERLIN taz | Nun kann sich jeder ein Bild machen vom Stand der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union. Der Entwurf des Vertrages, um den die drei Parteien seit Ende fünf Wochen so hartnäckig ringen ging am Montagabend online.

Zu verdanken ist die neue Transparanz dem Grünen-Politiker Malte Spitz, der seinen 10.700 Followern vorher per Twitter ankündigte: „Macht euch selber einen Eindruck vom Stand des Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD“.

An den Vertragsentwurf zu gelangen, war kein Kunststück. „Ich habe ihn zum Schluss von mehreren Seiten angeboten bekommen“, sagt Spitz. Mehrere Zeitungen hatten gestern Nachmittag ebenfalls Meldungen herausgegeben, dass ihnen das Dokument vorliege. Spitz, der sich genauso wie der Medienjournalist Stefan Niggemeier über das Uns-liegt-der-Vertrag-exklusiv-vor-Gehabe ärgerte, sagte sich: „Komm ich pack den jetzt auf die Webseite“. Weder Unions- noch SPD-Politiker hätten bisher bei ihm angerufen und ihn aufgefordert, den Entwurf wieder von der Seite zu nehmen.

Allein 75 Verhandler der großen Runde und deren Mitarbeiter haben ständig Zugang zu dem Dokument. Auch der SPD-Bildungsexperte, Swen Schulz, der kein Mitglied der großen Runde ist, sagte, er sei immer auf dem neuesten Stand der Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen gewesen. Und diese summieren sich ja am Ende zum Entwurf des Koalitionsvertrages. „Das ist jetzt einfach durchgesickert“, blieb Schulz gelassen.

Die Reaktionen auf die Öffentlichkeitsoffensive des grünen Maulwurfs waren durchweg positiv - „Danke Malte! So geht Transparenz!“, heißt es im WestfalenBLOG.de - das Dokument selbst würde aber enttäuschen. Der studentische Dachverband, fzs, schickte noch vor dem ersten Milchkaffee um kurz vor acht am Dienstagmorgen eine Pressemitteilung raus: Koalitionsvertrag ignoriert die studentische Lebensrealität. Die geplante-Bafög-Reform sei zu klein, und am geschmähten Deutschlandstipendium will die Große Koalition auch festhalten.

Beim Thema Bildung steht wie bei anderen Themen auch vieles noch in eckigen Klammern, das heißt es kostet Geld und kann eventuell nicht umgesetzt werden. Strittig ist auch die Höhe des geplanten Mindestlohnes; das Wort Doppelpass taucht gar nicht auf.

Die Koalitionsgespräche seien diesmal extrem, meint die ehemalige Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt, die in der letzten großen Koalition 2005 mit verhandelte. „Da waren wir in drei Wochen durch und es war klar: eine große Koalition kommt.“ Das ist diesmal nicht so sicher: Am Ende sollen knapp eine halbe Million SPD-Mitglieder über den Vertrag abstimmen. SPD und Union gehen im Laufe des Dienstags in die entscheidende, letzte Runde der Verhandlungen. Die könnte bis zum frühen Mittwochmorgen dauern.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bei wieviel Prozent liegen die Parteien? Wer hat welche Wahlkreise geholt?

▶ Alle Zahlen auf einen Blick

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.