Erdogan attackiert deutsche Stiftungen: Angeblich wird die PKK unterstützt

Der Regierungschef wirft den deutschen Institutionen Unterstützung der kurdischen PKK vor. Diese weisen die Vorwürfe entschieden zurück. Der Konflikt ist nicht ganz neu.

Diyarbakir: Über ein Abwasserprojekt soll der kurdischen PKK Hilfe zugeflossen sein. Bild: ap

ISTANBUL taz | Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat die in der Türkei aktiven deutschen Stiftungen massiv angegriffen. Es sei leider so, sagte er gegenüber Journalisten, dass die Stiftungen sich bevorzugt im kurdischen Südosten des Landes engagierten. Sie würden dort mit von der kurdischen BDP regierten Kommunen zusammen arbeiten und damit auch die PKK unterstützen. Bei Aufträgen, die die Deutschen dort vergäben, kämen immer solche Firmen zum Zuge, die Beziehungen zur PKK hätten. Auffällig sei auch, dass Projekte, die nicht in den Kurdengebieten stattfänden, überwiegend in Kommunen, die von der oppositionellen CHP regiert würden, durchgeführt würden.

Erdogan forderte die Stiftungen auf, ihre Praxis zu überprüfen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Stiftungen massiv angegriffen werden. Vor allem türkischen Nationalisten ist die Arbeit ausländischer Organisationen im Land ein Dorn im Auge.

Bereits im Jahr 2002 griff die Staatsanwaltschaft Vorwürfe aus einem Buch auf, indem den deutschen Stiftungen Spionage und Zersetzung der ökonomischen Basis des Landes vorgeworfen worden war. Die Stiftungen hatten eine Bürgerinitiative unterstützt, die sich gegen eine Mine wehrte, in der Gold mit Zyanid ausgewaschen werden sollte. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage, die schließlich niedergeschlagen wurde.

Damals sah die gerade an die Regierung gekommene AKP die Angriffe auf ausländische Stiftungen noch als ein Werk nationalistischer Kemalisten an und verbündete sich eher mit den Stiftungen. Das scheint sich nun geändert zu haben.

So lässt das regierungsnahe Blatt Yeni Akit seine Leser heute wissen, die Stiftungen würden sich regelmäßig zu Geheimtreffen in der Sommerresidenz des deutschen Botschafters einfinden, um sich über ihre gegen die Türkei gerichteten Pläne abzustimmen.

Völliger Unsinn, sagte dazu der deutsche Botschafter Eberhard Pohl gegenüber anderen Zeitungen. Alles, was deutsche Institutionen in der Türkei täten, sei völlig legal, transparent und mit den zuständigen Stellen abgestimmt. Pohl wies darauf hin, dass die Stiftungen weder Kredite vergeben noch Infrastrukturprojekte durchführen.

Das haben in der Vergangenheit allerdings die GTZ, die heute zur GiZ, der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit gehört, und die Kreditanstalt für Wiederaufaufbau (KfW) getan. Die deutsche Entwicklungsbank und die GTZ hatten beispielsweise ein Abwasser- und Kläranlagenprojekt in der kurdischen Stadt Diyarbakir unterstützt, was schon damals zu Protesten türkischer Nationalisten geführt hatte.

Diesen Vorwurf griff Erdogan jetzt wieder auf und bekräftigte, Infrastrukturprojekte würden als Deckmantel für Hilfe an die PKK benutzt.

Die Adenauer-Stiftung, die sich in den letzten Jahren vor allem um Kontakte der regierenden AKP mit deutschen Politikern verdient gemacht hatte, wies die Vorwürfe entschieden zurück. Auch die Ebert-Stiftung der SPD und die den Grünen nahe stehende Böll-Stiftung können nicht nachvollziehen, was Erdogan beabsichtigt.

Ulrike Duffner, die Vertreterin der Böll-Stiftung in Istanbul, sagte, ihre Arbeit sei völlig transparent. "Jeden Februar legen wir der Regierung einen Bericht über unsere Arbeit vor, der Vorwurf, wir würden die PKK unterstützen, ist abwegig." Die Böll-Stiftung unterstützt in den kurdischen Gebieten vor allem Projekte, die Frauen helfen, die angegriffen werden, weil sie angeblich die Ehre der Familie verletzt haben oder sich gegen eine Zwangsheirat wehren.

"Natürlich arbeiten wir in diesem Rahmen auch mit Vertretern von demokratisch gewählten Kommunen zusammen", sagte Duffner gegenüber dem online-Dienst Bianet. "Wenn Herr Erdogan will, dass wir in Zukunft mehr mit AKP-regierten Kommunen zusammenarbeiten sollen, soll er das offen sagen".

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