Erfolg bei Erhaltung aussterbender Art: Leguane bekommen Liebesnest auf einsamer Insel
Der Kleine Antillen-Leguan ist vom Aussterben bedroht. Ein Projekt auf der Karibikinsel Prickly Pear East Cay gibt aber Anlass zur Hoffnung.
AP | Auf der winzigen Insel Prickly Pear East Cay herrscht meist absolute Ruhe. Wer genau hinhört, kann seit einigen Jahren allerdings das Rascheln von Echsen hören, die durch die Büsche huschen – sehr zur Freude von Wissenschaftlern aus der Region. Ab 2015 wurden etwa zwei Dutzend Kleine Antillen-Leguane auf dem unbewohnten Eiland in der Karibik ausgesetzt. Inzwischen haben sich die Tiere dort stark vermehrt.
„Das ist etwas, das zu uns gehört“, sagt Devon Carter, Forschungsmitarbeiter der Organisation Anguilla National Trust. „Wir haben keine Löwen, wir haben keine Elefanten. Aber das, was wir haben, müssen wir würdigen.“ Und die zum britischen Überseegebiet Anguilla gehörende Insel Prickly Pear East Cay hat mehr und mehr davon. Etwa 300 Exemplare der Echse sind es inzwischen – Tendenz steigend. Vor zehn Jahren waren es noch exakt null.
Per Boot brachten Wissenschaftler 2015 zunächst zehn der Leguane von der einige Kilometer entfernten Hauptinsel Anguilla herüber. Dort war ihr Lebensraum durch menschliche Besiedlung immer weiter eingeschränkt worden.
Der „Umzug“ ist ein Versuch, die Art vor dem Aussterben zu bewahren. „Prickly Pear East ist ein Hoffnungsschimmer für diese prachtvollen Echsen“, sagt Jenny Daltry, die für die Organisationen Fauna & Flora und Re:wild arbeitet. Das Projekt „beweist, dass heimische Wildtiere, wenn man ihnen eine Chance gibt, schon wissen, was zu tun ist“.
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Kaum Rückzugsorte
Auf Prickly Pear East Cay haben die Leguane nur selten Kontakt mit Menschen und auch keine natürlichen Feinde. Die Insel ist damit einer von fünf Orten weltweit, an denen sich die sehr stark gefährdete Art allmählich wieder ausbreitet. Insgesamt gibt es laut Schätzung von Tierschützern noch etwa 20.000 Exemplare.
Die ersten Menschen kamen wohl vor etwa 7.000 Jahren auf die Inseln der östlichen Karibik. Die Leguane waren zu dieser Zeit bereits dort. Es wird vermutet, dass sie auf Treibgut, das von Flüssen in Südamerika ins Meer gespült wurde, die Region erreicht hatten. Damals waren sie auf etwa zehn der Inseln verbreitet. Auf Antigua, Barbuda, St. Kitts, Nevis und St. Martin sind sie laut Angaben von Re:wild bereits ausgestorben. Auch von Guadeloupe, St. Barts und Martinique seien sie bereits weitgehend verschwunden.
Verdrängung durch eingewanderten Leguan
Eine große Bedrohung für den Bestand der Art ist ein naher Verwandter, der Grüne Leguan. Dieser lebt seit dem 18. Jahrhundert auf Guadeloupe. Infolge des Hurrikans „Luis“, der 1995 in der Karibik wütete, verbreitete er sich dann auch auf andere Inseln. Die Grünen Leguane haben mehr Nachwuchs, nehmen mehr Raum ein und fressen mehr Nahrung. Das größte Problem aber ist, dass sich die beiden Arten miteinander paaren. „Das gefährdet die genetische Lebensfähigkeit deutlich“, sagt Isabel Curtis von der Organisation Anguilla National Trust.
Vor zehn Jahren begannen die Tierschützer, Kleine Antillen-Leguane auf Anguilla einzufangen. Bewohner der Insel unterstützten sie, indem sie Sichtungen meldeten und zum Teil Fotos machten. „Wir haben ein ganzes Jahr damit verbracht, Leguane zu suchen“, sagt Farah Mukhida, die Leiterin von Anguilla National Trust. „Das war alles Handarbeit.“ Insgesamt fanden sie und ihre Mitarbeiter 23 Exemplare – das war Schätzungen zufolge die gesamte Population der Insel.
Mithilfe von Gentests wurde überprüft, ob es sich um reinrassige Tiere handelte. Nachdem sich die ersten zehn auf Prickly Pear East Cay eingewöhnt hatten, wurden auch die übrigen 13 hingebracht. Bald konnten die Wissenschaftler die Nester beobachten – und schließlich auch erste Nachkommen. „Es war wirklich ermutigend, dass sie sich fortpflanzten“, sagt Mukhida.
Genetische Vielfalt schaffen
Kleine Antillen-Leguane können in freier Wildbahn mehr als 20 Jahre alt werden. In jungen Jahren sind sie grün, später dann grau. Um die genetische Vielfalt zu fördern, baten die Wissenschaftler die Behörden des Inselstaates Dominica, von dort weitere weibliche Tiere zu bekommen.
Auf Dominica gibt es die größte Population der Region. Aber auch dort ist sie bedroht, seit im Jahr 2017 durch den Hurrikan „Maria“ auch diese Insel von Grünen Leguanen bevölkert wurde. Inzwischen sind einige der dominicanischen Leguane auf Prickly Pear East Cay angekommen. Auch sie haben Nester angelegt und pflanzen sich fort.
Menschen begegnen sie – anders als in der alten Heimat – nur noch selten. Auf der unbewohnten Insel gibt es lediglich zwei Restaurants, die Bootsausflügler bewirten. Serviert werden dort unter anderem Hummer und gegrillte Hähnchen. Leguane stehen nicht auf dem Speiseplan.
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