Erhöhte Anwalts- und Gerichtskosten: Scheiden tut weher

Ab heute steigen die Gebühren für Anwälte, Notare und Gerichte. Vor allem Scheidungen und Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten werden teurer.

Nicht nur das Hochzeitsfest - Eine Scheidung muss man sich auch leisten können. Bild: dpa

KÖLN taz | Etwa 180.000 Ehepaare haben sich im vergangenen Jahr scheiden lassen – zu deutlich günstigeren Preisen als jene, die ab jetzt die Trennungspapiere einreichen. Am 1. August tritt die neue Anwalts- und Gerichtsgebührenordnung in Kraft. Das finanzielle Risiko bei juristischen Auseinandersetzungen steigt damit erheblich. „Es stellt sich die Frage, ob Bürgern nicht aufgrund immer höherer Gebühren der Rechtsweg versperrt wird“, sagt Edith Kindermann, Vorsitzende des zuständigen Ausschusses im Deutschen Anwaltverein.

Schätzungen zufolge steigen die Gebühren der Anwälte im Schnitt um 12 Prozent, die der Notare um 15 Prozent und die der Gerichte um 18 Prozent – je nach Rechtsfall ist aber eine weitaus stärkere Anhebung möglich. Die Anwaltschaft begrüßt zwar die höheren Gebühren für sich selbst, denn seit der letzten Anhebung sind 19 Jahre vergangen.

Die steigenden Gerichtskosten sehen die Juristen aber skeptisch. „Die Gerichte bekommen von den Justizministerien der Länder nicht die Mittel, die sie brauchen“, sagt Kindermann. Die Gerichte würden immer mehr gesellschaftliche justizferne Ausgaben übernehmen, etwa Betreuungsangelegenheiten für Hochbetagte. Dafür bekommen sie aber nicht mehr Geld. Stattdessen erhöhen Bund und Länder nun die Gebühren.

Bei einem Zivilverfahren zahlt die unterlegene Partei. Doch das Risiko zu verlieren, besteht immer. 40 Prozent der Haushalte haben eine Rechtsschutzversicherung. Aber die übernimmt nur für die exakt ausgewählten Rechtsgebiete die Kosten, was viele Kunden erst im Streitfall merken. Bei Scheidungen zahlt die Rechtsschutzversicherung grundsätzlich nicht. Für eine Scheidung mit einem Streitwert von 15.000 Euro entstanden bislang für jede Seite 1.708 Euro an Anwalts- und 242 Euro an Gerichtskosten. Jetzt sind es 1.958 Euro und 293 Euro.

Im Arbeitsrecht muss in der ersten Instanz jeder die eigenen Kosten zahlen. Für Beschäftigte, die keinen Rechtsschutz über eine Gewerkschaft oder ein Versicherung haben, ist das jetzt richtig teuer. Bei einer Kündigungsschutzklage mit einem Streitwert von 10.000 Euro zahlen Arbeitnehmer künftig 1.684 Euro, das sind 214 Euro mehr. Verlieren sie in der zweiten Instanz müssen sie sogar 900 Euro mehr aufbringen, insgesamt 6.690 Euro.

Prämien steigen als nächstes

Das Bundesjustizministerium will keine Schätzung abgeben, wie viel Geld die Gebührenanhebung auf Anwaltskonten und in Gerichtskassen spült. Die Rechtsschutzversicherer gehen davon aus, dass ihre Ausgaben aufgrund der Erhöhung um 16 Prozent oder 375 Millionen Euro im Jahr steigen werden. 2012 gaben sie 2,3 Milliarden Euro für Leistungen aus. Sie werden es sich nicht entgehen lassen, die Prämien anzuheben.

Das kann auch Mitglieder von Mietervereinen treffen. Die Vereine haben Versicherungen abgeschlossen, die Anwalts- und Gerichtskosten bei Prozessen tragen. „Für außergerichtliche Angelegenheiten haben die Mietervereine eigene angestellte Juristen“, sagt Norbert Eisenschmid, Justiziar des deutschen Mieterbunds. Auch die Gewerkschaften haben eigene Anwälte, aber keine Rechtsschutzversicherung. „Unsere 360 Juristen können Gewerkschaftsmitglieder auch vor Gericht vertreten“, sagt Tjark Menssen vom DGB-Rechtsschutz. Gewerkschaftsmitglieder genießen in vielen Fällen auch bei Ärger mit der Arbeitsagentur Rechtsschutz. Außerdem haben Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener Anspruch auf Prozesskostenhilfe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.