Erinnerung an den Ersten Weltkrieg: Eine deutsch-französische Umarmung

Politiker aus Frankreich und Deutschland haben sich bei einer Gedenkfeier für „Frieden in Europa“ ausgesprochen. Sie legten den Grundstein für ein gemeinsames Museum.

Es liegen sich in den Armen: vorne Francois Hollande, hinten Joachim Gauck. Bild: ap

WATTWEILER afp | Hundert Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges haben Bundespräsident Joachim Gauck und der französische Staatschef François Hollande dazu aufgerufen, die Lehren aus der Geschichte zu ziehen und den Frieden in Europa zu wahren. Heute gebe es populistische Strömungen, die „wohlfeil mit antieuropäischen Parolen Stimmung machen“, sagte Gauck am Sonntag bei einer Gedenkfeier im Elsass, zu der Hollande eingeladen hatte.

Das gemeinsame Europa sei jedoch „keine Laune der Geschichte“, sagte Gauck in der Gedenkstätte am Hartmannsweilerkopf nahe der Ortschaft Wattweiler, wo sich deutsche und französische Soldaten in den Kriegsjahren 1915 und 1916 erbitterte Kämpfe geliefert hatten. Europa sei vielmehr die „Institution gewordene Lehre aus der Geschichte“ und zugleich die „Sicherung gegen Verirrung und Verführung“.

Deutschland und Frankreich hätten nach zwei Weltkriegen den Mut aufgebracht, sich zu versöhnen, sagte Hollande vor den Gästen, unter ihnen Soldaten der deutsch-französischen Brigade, Kriegsveteranen, Regionalpolitiker aus beiden Ländern sowie hundert junge Deutschen und Franzosen. Europa habe den Krieg besiegt, dies sei eine „außergewöhnliche Leistung“.

Frieden sei jedoch auch heute „nicht selbstverständlich“, jede Generation müsse ihn verteidigen und daran erinnern, dass er zerbrechlich sei, betonte der französische Staatschef unter Hinweis auf den bewaffneten Konflikt in der Ukraine. Deutschland und Frankreich müssten zusammenarbeiten, um neue Konflikte zu vermeiden, forderte Hollande. Sie hätten bewiesen, dass Aussöhnung möglich sei, dieses Beispiel müssten sie anderen Ländern vor Augen halten.

Gegen extremen Nationalismus

Gauck warnte vor nationalistischen Strömungen. „Extremer Nationalismus“ habe Deutschland im vergangenen Jahrhundert zwei Mal in den Krieg getrieben und Deutsche und Franzosen zwei Mal gegeneinander aufgehetzt.

Doch in „vielen schmerzhaften Lektionen“ hätten beide Länder gelernt, „Gegensätzlichkeit in Vielgestaltigkeit zu überführen“, sagte Gauck weiter. Heute sei es ihre Pflicht, an dem politischen Willen festzuhalten, der aus „alten Feinden Partner und Freunde macht„. Dazu gehöre es, unermüdlich für Europa einzutreten.

Hollande hatte Gauck am Morgen in der Gedenkstätte an dem 956 Meter hohen Hartmannsweilerkopf nahe der Ortschaft Wattweiler empfangen. Nach einer langen Umarmung schritten beide Politiker in einem Meer aus deutschen und französischen Fahnen zu der Nekropole, in der die Gebeine von rund 12.000 deutschen und französische Soldaten bestattet sind. Anschließend besichtigten sie die teilweise noch sehr gut erhaltenen Schützengräben mit hunderten von Unterständen und Bunkern.

Zum Abschluss der Feierlichkeiten legten sie den Grundstein für das erste deutsch-französisches Museum zum Ersten Weltkrieg, das 2017 eröffnet werden soll. Bei den Gefechten in den Schützengräben am 956 Meter hohen Hartmannsweilerkopf kamen schätzungsweise 25.000 bis 30.000 deutsche und französische Soldaten ums Leben.

Am Nachmittag will Gauck ins belgische Lüttich weiterfliegen, wo am Montag die zentrale Gedenkfeier des Königsreichs Belgiens geplant ist. Dazu werden Staats- und Regierungschefs sowie andere hohe Repräsentanten aus mehreren dutzend Ländern erwartet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.