Ermittlungen wegen AKW-Video: Der Pirat mit der Kamera

Pirat Meinhart Ramaswamy hat im AKW Grohnde gefilmt. Jetzt will ein Unternehmenskommunikator das Video aus dem Netz und der Welt klagen.

Wird nicht gern gefilmt: Kernkraftwerk Grohnde bei Hameln. Bild: Bes

HAMBURG taz | Bis vor kurzem war Claus S. Leiter der Unternehmenskommunikation des Atomkraftwerks Grohnde. Im Sommer allerdings scheint er sich verplappert zu haben. Besucher darf er nun nicht mehr durch die Anlage führen. Er hat Strafanzeige erstattet und ein Zivilverfahren angestrengt – gegen Meinhart Ramaswamy, Spitzenkandidat und stellvertretender Vorsitzender der Niedersachsen-Piraten.

Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigt, dass ein Vorgang angelegt wurde – Vorermittlungen. Zu untersuchen ist der Verdacht auf eine „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Verletzt haben soll Ramaswamy diese mit dem Video von einem Besuch im Kraftwerk, das er online gestellt hat: Die Anwälte von Claus S. fordern die Löschung des Clips. Laut Unternehmen handelt es sich um einen rein privaten Feldzug von Claus S. „Wir haben mit der ganzen Sache null zu tun“, sagt Eon-Sprecher Carsten Thomsen-Bendixen. „Wir haben auch das Video nicht versucht zu entfernen.“

Es scheint auch kein aussichtsreiches Unterfangen. Das Video ist am 14. Juni entstanden – und Ramaswamy hat es wenig später online gestellt. Inhalt: Eine geführte Kraftwerksbesichtigung der katholischen Hochschulgemeinde Göttingen. Die Monate vorab angemeldeten BesucherInnen waren, so ist es üblich, vorab vom Sicherheitsdienst überprüft worden.

Seine Absicht, den AKW-Besuch zu filmen und die Kurzreportage dann zu veröffentlichen, will Ramaswamy Claus S. gleich zu Beginn offenbart haben: Als Beweisstück kann er dessen Visitenkarte vorlegen, auch ZeugInnen erinnern sich an „ein Gespräch zwischen den beiden“. Und dann ist da noch das Video selbst – von dem Claus S. behauptet, es wäre heimlich gedreht.

Das ist schlicht unvorstellbar: Beim Filmen muss Ramaswamy dem Kraftwerksmann fast auf den Füßen gestanden haben. Zudem war die Veranstaltung allgemein zugänglich – mit der Einschränkung, dass man sich zuvor anmelden musste. Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs verbietet nur, „das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger“ unbefugt aufzunehmen oder eine solche Aufnahme zu verbreiten.

Selbst dann aber wäre die Veröffentlichung „nicht rechtswidrig“, wenn sie „zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen“ beiträgt. Gut möglich, dass das Video das tut. Denn es thematisiert die Energiewende – und wirft die Frage auf, wie man beim großen Player Eon darüber denkt.

Im Video antwortet Unternehmenskommunikator Claus S. als echter Überzeugungstäter in Sachen Atomkraft auf die Frage, warum Eon gerade Arbeiten am Grohnder Kühlturm im Gegenwert von 2,5 Millionen Euro durchführt, „ganz provokant“, wie er sagt: „Weil wir nicht daran glauben, dass wir in zehn Jahren abschalten.“ Direkt in die Kamera. Um sofort zu relativieren: „Ich glaube das nicht.“

Laut Eon-Sprecher Thomsen-Bendixen müsste man das „Ich“ wohl kursivieren. „Selbstverständlich respektiert Eon demokratische Beschlüsse des Gesetzgebers.“ Nur diese würden auch mit den aktuellen Kühlturm-Arbeiten erfüllt: Bei denen handele es sich um die vorgeschriebene periodische Sanierung des Betons. „Die war einfach dran“, so Thomsen-Bendixen.

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