Ermittlungen wegen Drogenkriminalität: Razzia bei der Polizei München

Die Staatsanwaltschaft ist am Mittwoch gegen 21 Polizisten vorgegangen. Ihnen werden Drogendelikte und die Verfolgung Unschuldiger vorgeworfen.

Ein Gruppe von 3 PolizistInnen steht zu zusammen

Polizeirazzia in den eigenen Reihen (Symbolfoto) Foto: Bjoern Trotzki/imago

MÜNCHEN taz | Um sechs Uhr in der Früh rückten sie aus: 19 Staatsanwälte, 70 LKA-Ermittler und rund 100 Polizisten des ­Polizeipräsidiums München und der Kriminalpolizeiinspektion Augsburg. Dazu kamen als Unterstützung noch Spezialeinsatzkommandos aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen sowie etliche Spürhunde. Wohin es geht, hatten die meisten der Beamten erst kurz zuvor erfahren.

Denn der Großeinsatz war, wie die Behörde am Mittwoch mitteilte, ebenso rekordverdächtig wie heikel. Schließlich sind es die eigenen Kollegen, gegen die ermittelt wird. 21 Beamte des Münchner Polizeipräsidiums und 17 weitere Verdächtige hat die Staatsanwaltschaft im Visier. Vor allem Drogendelikte werden ihnen vorgeworfen, einzelnen der Beschuldigten wird sogar die Verfolgung Unschuldiger vorgeworfen.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, dass dies wohl die umfangreichsten Ermittlungen seien, die man je gegen Polizeibeamte geführt habe. Allein bei der Razzia am Mittwoch wurden 30 Wohnungen und 7 Dienststellen in München und Umgebung, Augsburg, Dachau, Wolfratshausen, Ebersberg sowie an der Polizeihochschule in Fürstenfeldbruck durchsucht.

Zu den genauen Tatvorwürfen gab die Staatsanwaltschaft vorerst nichts bekannt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll ein großer Teil der Beschuldigten selbst Drogen konsumiert und sie untereinander weitergegeben haben. Besonders schwer wiegt der Vorwurf der Verfolgung Unschuldiger. Zwei Polizisten sollen zwei Personen wahrheitswidrig vorgeworfen haben, Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet zu haben. Gegen die beiden seien daraufhin Ermittlungsverfahren eingeleitet worden und sie kamen vor Gericht. Die Verfahren wurden gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt.

Ermittlungsgruppe „Nightlife“

Bei weiteren Beamten steht zudem der Verdacht eines sogenannten dienstlichen Verwahrungsbruchs und der Strafvereitelung im Amt im Raum. So habe ein Beamter eine geringe Menge beschlagnahmtes Kokain an sich genommen. Kollegen, die dies mitbekommen hätten, seien jedoch weder dagegen eingeschritten, noch hätten sie die Tat zur Anzeige gebracht.

Die Ermittlungen werden seit Juli 2020 von der eigens eingerichteten Ermittlungsgruppe „Nightlife“ im LKA geführt. Der Umfang des bereits vor der Razzia vom Mittwoch sichergestellten Materials ist enorm: 20 Mobiltelefone, 1,6 Millionen Chatnachrichten, eine Million Bild- und 25.000 Videodateien. Ins Rollen gebracht hat die Ermittlungen schon 2018 die Aussage eines Drogendealers, der zwei Polizeibeamte beschuldigte. Der Kreis der Verdächtigen wurde dann jedoch immer größer. Einige Polizisten sind zwischenzeitlich bereits vom Dienst suspendiert worden.

Hubertus Andrä, Chef des Münchner Polizeipräsidiums, zeigte sich entsetzt. „Wir als Polizeibeamte haben durch unsere Aufgabe eine besondere Stellung in der Öffentlichkeit, die es auch stets zu achten gilt“, sagte er am Mittwoch. „Es kann definitiv nicht geduldet werden, dass, wie es die bisherige Ermittlungslage vermuten lässt, wissentlich von Mitarbeitern unseres Polizeipräsidiums Straftaten verübt wurden.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.