Ermittlungen wegen Kinderporno-Besitz: Wer warnte Edathy?

Hat der SPD-Politiker Michael Hartmann Sebastian Edathy vor Ermittlungen gewarnt? Hartmann dementiert, doch die SPD gerät in Erklärungsnot.

„Werde nicht schweigen“: Am Donnerstag ist Edathy im Untersuchungsausschuss. Bild: dpa

BERLIN taz | Eine Gewissheit haben die Mitglieder des Edathy-Untersuchungsausschusses nach dem Wochenende: Der Zeuge, der für die Sitzung am Donnerstag geladen ist, wird reden. Er wird nicht, wie lange befürchtet, auf sein Zeugnisverweigerungsrecht pochen. Nein, Sebastian Edathy hat etwas zu sagen – und frühere Fraktionskollegen bringt er damit in Bedrängnis.

„Selbstverständlich werde ich im Ausschuss nicht schweigen!“, hatte der ehemalige SPD-Politiker am Samstag im Magazin Stern angekündigt und gleichzeitig eine pikante Information preisgegeben: Sein Parteifreund Michael Hartmann habe ihn im November 2013 zur Seite genommen und ihn vor drohenden Kinderporno-Ermittlungen des Bundeskriminalamts (BKA) gewarnt. Die Information habe Hartmann nach eigenen Angaben direkt vom damaligen BKA-Chef Jörg Ziercke erhalten. Der mittlerweile pensionierte Beamte dementierte dies am Wochenende. Hartmann bestätigte laut dpa nur, er habe „verschiedentlich über Edathys Befürchtung, gegen ihn könne strafrechtlich ermittelt werden, auch kommuniziert“. Auf Informationen des BKA-Präsidenten habe er dabei aber „nicht zurückgegriffen“.

Edathys Behauptung könnte ein Wendepunkt in der Arbeit des Ausschusses sein. Seit Monaten versucht das Gremium zu klären, ob und von wem Edathy über die Ermittlungen gegen ihn gewarnt worden war – bislang erfolglos. Einzig Indizien lagen vor: Edathy, der übers Internet Nacktbilder von Minderjährigen gekauft hatte, wusste schon früh, dass die Polizei hinter ihm her ist. Noch bevor ihn die Behörden offiziell mit dem Tatvorwurf konfrontierten, beseitigte er offenbar Beweismittel. Dass andere SPD-Politiker schon im Herbst 2013 über den Kinderporno-Verdacht informiert waren, ist ebenfalls seit Längerem bekannt. Nicht aber, ob einer von ihnen Edathy warnte.

Sollten dessen neue Anschuldigungen zutreffen, würde zunächst SPD-Mann Hartmann in die Bredouille geraten. Der ehemalige innenpolitische Sprecher der Fraktion ist ohnehin angeschlagen, nachdem im Sommer bekannt geworden war, dass er vergangenes Jahr die Droge Crystal Meth konsumiert hatte. Nun könnte ihm wieder ein Verfahren drohen – falls die Behörden seine mutmaßliche Warnung als Strafvereitelung werten.

Aber auch andere Sozialdemokraten geraten in Erklärungsnot, allen voran Fraktionschef Thomas Oppermann. Nach eigenen Angaben bat er Hartmann im November 2013, sich um Edathy zu kümmern – weil sich dieser „in einem schlechten gesundheitlichen Zustand“ befunden habe. Aber auch Oppermann wusste damals schon von den Kinderporno-Vorwürfen. War in dem Gespräch mit Hartmann davon tatsächlich keine Rede?

Fragen, die die Mitglieder des Ausschusses am Donnerstag wohl auch Edathy persönlich stellen werden: „Wir erwarten, dass er mithilft, alle noch offenen Fragen zu beantworten“, sagte Frank Tempel (Linkspartei). Auch der Koalitionspartner der SPD verlangt Antworten – zweifelt aber offenbar nicht an Edathys Glaubwürdigkeit. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte der Mitteldeutschen Zeitung, dessen Erklärung sei „ein echtes Problem für die Herren Oppermann und Ziercke“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.