Ermittlungen wegen Wahlbetrugs: Der Wahlunterlagen-Service

Die AfD wirft dem Bremerhavener CDU-Abgeordneten Turhan Özdal vor, Stimmen für die Bürgerschaftswahl illegal einsammeln zu lassen.

Briefumschläge mit Briefwahlunterlagen.

Wer hat die ausgefüllt? Briefwahlunterlagen in Briefumschlägen Foto: dpa

BREMEN taz | Rund einen Monat vor der Bürgerschaftswahl hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Wahlfälschung in Bremerhaven eingeleitet. „Wir befragen derzeit mehrere Personen“, sagte Staatsanwalts-Sprecher Frank Passade der taz. Dies gelte es abzuwarten.

Angestoßen wurde das Ganze anscheinend durch die AfD. Landes-Chef Frank Magnitz erklärte am Montag, dass ein Mann angeblich in zahlreichen Fällen mit der Vollmacht von Wahlberechtigten Wahlscheine beim Wahlamt abgeholt und ein Kreuz für den CDU-Bewerber Turhan Özdal gemacht habe.

Özdal tritt auf Listenplatz 7 des Wahlbereichs Bremerhaven zur Bürgerschaftswahl am 26. Mai an. Der Platz gilt als wenig aussichtsreich, Özdal bräuchte Personenstimmen.

Die AfD erklärte, sie stütze sich auf die Darstellung einer Betroffenen. Seit Tagen sei ein Mann im Stadtteil Grünhöfe unterwegs gewesen. Er soll Bewohner angesprochen haben, um sich von diesen die Anträge zur Briefwahl aushändigen zu lassen. Er habe sich damit gebrüstet, schon über 500 Wahlscheine „besorgt“ zu haben. Die AfD schreibt von einer Festnahme mit Handschellen. Staatsanwalt Passade erklärte hingegen der taz, er wisse nichts von einer Festnahme.

Bereits zur letzten Landtagswahl 2015 gab es in Bremerhaven Streit mit der AfD.

Das Wahlprüfungsamt hatte 2015 festgestellt, dass die AfD doch die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hat. Es gab Fehler bei der Auszählung.

Der Staatsgerichtshof hatte 2016 entschieden, dass der AfD im Landtag dennoch kein zusätzliches Mandat zustehe.

Eine Verfassungsbeschwerde der AfD war 2017 gescheitert.

Schilderungen der AfD haben sich schon in anderen Fällen als unwahr herausgestellt. So hatte der AfD-Politiker Magnitz unter anderem erfunden, bei einem Angriff mit einem Kantholz geschlagen worden zu sein.

CDU-Landesgeschäftsführer Heiko Strohmann erklärte zu den Vorwürfen gegen Özdal: „Zum jetzigen Zeitpunkt gilt die Unschuldsvermutung. Wenn die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft da sind, werden wir sehr klar und deutlich reagieren.“ Der äußerste Ansatz der Beeinflussung über die normale Wahlwerbung hinaus sei „nicht akzeptabel“.

Dem Weser Kurier sagte Özdal, der Verdächtige stamme aus seinem Bekanntenkreis und sei einer seiner „Wahlhelfer“. Diese seien für ihn auf Stimmenfang und böten als „besonderen Service“ an, Bürgern die Briefwahlunterlagen vorbeizubringen. Es werde niemand bedroht oder bestochen, jeder wähle für sich allein. „Wir machen nichts Verbotenes“, wird Özdal zitiert. „Es gibt keinen Wahlbetrug.“ Özdal beruft sich darauf, dass laut Wahlgesetz ein Vollmachtnehmer ohnehin für maximal vier Personen auftreten kann.

Nicht ausgeschlossen wäre ein Betrug indes, sofern etwa weitere Helfer involviert wären. Özdal ist Rechtsanwalt und wechselte 2016 von den Grünen zur CDU. 2018 demonstrierte er an der Seite türkischer Faschisten für den Angriff auf Kurden in Afrin.

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