Ermittlungen zu Neonazi-Terrorbande: Helfer aus dem Westen

Warum kannte sich die Zwickauer Zelle in Westdeutschland so gut aus? Ein West-Neonazi hat sich bei der Polizei gemeldet. Er habe für das Terrortrio Örtlichkeiten für einen Mord ausspioniert.

Die Neonazis wussten über ihre Tatorte Bescheid: In Kassel ermordeten sie 2006 den Internetcafé-Besitzer Halil Y. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die mutmaßlichen Mörder der Zwickauer Terrorzelle sollen im Westen Unterstützer gehabt haben. Der Ermittlungseinheit "Trio", die zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge aufklären soll, liegt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die Zeugenaussage eines Neonazis vor, der nach eigenen Angaben in einem Fall mit Kameraden aus dem Westen Örtlichkeiten für einen Mord ausspioniert haben will.

Er sei aber, bevor das Anschlagsziel festgelegt worden sei, abgesprungen. Kurz darauf sei ein türkischer Kleinunternehmer von den Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschossen worden.

Nach Darstellung des Zeugen ist das Trio aus dem Osten bei der harten rechtsextremistischen Szene im Westen bekanntgewesen. Man habe gewusst, dass die Killer hinter den Morden an acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleinunternehmer steckten.

Der Mann, dessen Identität von den Behörden geschützt wird, kann selbst nicht wegen Unterstützung der Terroristen strafrechtlich belangt werden. "Seine Tat wäre jetzt verjährt", sagte ein Ermittler der Zeitung. Der Zeuge habe nur über den Zeitraum gesprochen, der für ihn strafrechtlich ohne Konsequenzen bleibe.

"Mehr als eine Hypothese"

Der Unbekannte ist laut SZ bislang der einzige Rechtsradikale, der sich im Rahmen der in der Vorwoche ausgelösten Öffentlichkeitsfahndung bei den Behörden gemeldet und wesentliche Angaben gemacht hat. Nach Darstellung von Ermittlern deckten sich seine Angaben mit vorläufigen Ermittlungsergebnissen.

Es gebe Indizien für eine Zusammenarbeit zwischen dem in Jena 1998 untergetauchten Neonazi-Trio und Kameraden aus dem Westen. Bewiesen sei das jedoch noch nicht, betonte der Fahnder, aber die These von einer Zusammenarbeit sei "mehr als nur eine Hypothese". "Wir ermitteln jetzt verstärkt in diese Richtung." Die Gruppe sei offenkundig bekanntgewesen und die Morde seien akzeptiert worden: "Möglicherweise wurden die auch als Helden gefeiert."

Mundlos und Böhnhardt sind inzwischen tot. Das dritte mutmaßliche Mitglied der Terrorzelle, Beate Zschäpe, sitzt in Untersuchungshaft.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

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■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

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