Erneuerbare Energien: Rot-Grün gräbt Vattenfall um

Schwedens neue Regierung will, dass sich Vattenfall künftig auf Erneuerbare konzentriert. Offen bleibt, was das für den Braunkohletagebau in Deutschland heißt.

Baggerst du noch oder wendest du schon? Braunkohletagebau in Brandenburg. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Die frisch ernannte schwedische Umweltministerin bleibt vorsichtig: „Es gibt kein absolutes Versprechen, alle neuen Braunkohletagebaue zu stoppen“, fasst die Grüne Åsa Romson den Kompromiss zusammen, den ihre Partei mit den Sozialdemokraten von Ministerpräsident Stefan Löfven getroffen hat. Man sei sich aber einig, dem Staatskonzern Vattenfall neue geschäftliche Vorgaben zu machen. Demnach soll die „Zukunft des Unternehmens in der Entwicklung erneuerbarer Energien und nicht in Kohle und Gas“ liegen.

Laut Regierungsübereinkommen soll Schluss sein „mit der großen Expansion in Braunkohle“, die die bisherige Regierung unter Fredrik Reinfeldt zugelassen habe. Mit ihrer Wahlkampfforderung, alle neuen Tagebaue zu stoppen, hätten sich die Grünen nicht durchsetzen können, gesteht Romson zu. Man werde wohl jetzt jedes einzelne Projekt unter dem Gesichtspunkt schon getätigter oder laufender Investitionen sowie möglicherweise verbindlicher geschäftlicher oder politischer Übereinkommen zu beurteilen haben. Daher ist zunächst auch unklar, was der Beschluss für die Braunkohlepläne in Deutschland bedeutet.

Wie intern vonseiten der Grünen zu erfahren war, geht man davon aus, dass es beispielsweise schwer zu begründen wäre, warum man Pläne wie für Jänschwalde-Nord, die erst 2019 anlaufen sollen, nicht noch stoppen könnte. Anders könnte es für solche Projekte aussehen, die Vattenfall für unumgänglich halte, wolle man nicht binnen zehn Jahren deutsche Braunkohlekraftwerke schließen. Hier könnte der von Ministerpräsident Löfven formulierte Vorbehalt greifen, er werde nicht zulassen, dass zulasten schwedischer Steuerzahler „Kapital zerstört wird“. Möglich wäre, dass Vattenfall von Stockholm angewiesen würde, zwar einen Teil, aber nicht alle Tagebaupläne zu stoppen.

Es dürfte auch eine Rolle spielen, inwieweit die schwedische Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert werden kann. Was den neuen Vattenfall-Kurs erleichtern könnte, ist die Tatsache, dass der Staatskonzern zum 1. Oktober mit Magnus Hall einen neuen Chef erhalten hat, der freier in der Weichenstellung sein dürfte, weil er nicht wie seine beiden Vorgänger Lars G. Josefsson und Øystein Løseth persönlich für den massiven Ausbau des Fossilkraftengagements des Konzerns und die dort gemachten Milliardeninvestitionen verantwortlich ist.

Allerdings hat sich die neue Regierung in Stockholm bislang nicht verbindlich zu einem möglichen Verkauf von Teilen des nichtschwedischen Geschäfts von Vattenfall geäußert. Die Grünen sind gegen einen Verkauf, haben diese Frage aber nicht im Koalitionsvertrag verankern können.

Ministerpräsident Löfven schloss einen möglichen Verkauf vor der Wahl nicht grundsätzlich aus. Er schränkte aber ein, dass ein solcher nur zu „marktmäßigen Bedingungen“ denkbar wäre. Ein Verkauf unter großen Verlusten für die schwedische Staatskasse – wie beispielsweise bei den Anteilen Vattenfalls am polnischen Energieunternehmen Enea Anfang 2014, wo man nur weniger als die Hälfte des sechs Jahre zuvor bezahlten Kaufpreises erlösen konnte – müsste sich damit verbieten.

Doch was einen Käufer angeht, der einen für Stockholm akzeptablen Preis zahlen würde, gilt wohl das, was der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Anfang September in Stockholm sagte: „Wo wollen die einen Käufer finden? Ein Blick in die Bilanzen genügt doch.“

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