Erotikunternehmer über 17 Millionen Kundendaten: "Ich habe die T-Mobile-Daten"

Erotikunternehmer Huch hatte der Telekom schon vor zwei Jahren mitgeteilt, dass er die illegal kopierten Kundendaten besitzt. Daraufhin sei nichts passiert, sagt er.

Seit zwei Jahren blockieren die Millionen T-Mobile-Kundendaten 2-3 GB Speicherplatz auf Huchs Rechner. Bild: dpa

Herr Huch, vor zwei Jahren wurden bei T-Mobile 17 Millionen Kundendaten illegal kopiert. Sie sollen im Besitz dieser Daten sein. Stimmt das?

Die Telekom musste nicht nur einräumen, dass vor zwei Jahren Daten von 17 Millionen Handykunden gestohlen worden waren, ohne dass diese darüber informiert wurden. Die Mobilfunksparte T-Mobile sammelte auch über Jahre detaillierte Telefonrechnungen ihrer Aufsichtsräte. Er sei informiert worden, dass im Aufsichtsratsbüro entsprechende Unterlagen gefunden worden seien, erklärte am Montag T-Mobile-Aufsichtsrat Ado Wilhelm. DPA

Tobias Huch: Die Daten sind derzeit an einer sicheren Stelle gespeichert, auf die ich Zugriff habe.

Seit wann?

Seit zwei Jahren.

Wie kamen Sie an diese Daten?

Ein Mann aus Österreich hat sich bei mir gemeldet, er wolle seine Kundendatenbank versilbern. Er gab mir ein Kennwort, so dass ich mir die Daten, die auf einer Webseite gespeichert waren, anschauen und herunterladen konnte. Mir wurde aber schnell klar, dass das keine normale Kundendatenbank war.

Warum?

Weil es einfach zu viele Daten waren. Welches Unternehmen hat schon 17 Millionen Kunden? Außerdem hatten alle eine Telefonnummer von T-Mobile. Da dachte ich mir, das müssen die geklauten T-Mobile-Daten sein.

Woher wussten Sie zu diesem Zeitpunkt, dass bei T-Mobile Daten illegal kopiert wurden?

Das hatte ich schon einige Wochen vorher erfahren, von einem Branchen-Insider.

Was haben Sie dann mit den T-Mobile-Daten gemacht?

Ich habe schon zwei Stunden später über meinen Anwalt einen Aktenvermerk über den Vorgang anfertigen lassen. Dann habe ich T-Mobile kontaktiert.

Und wie war dort die Reaktion?

Dort wusste man schon, dass die Daten auf dem Markt sind. Es hieß, dass meine Informationen an die Polizei weitergegeben werden. Außerdem hat mich T-Mobile aufgefordert, die Daten auf meinem Computer zu sichern.

Und das haben Sie gemacht?

Natürlich. Ich dachte ja, die Polizei kommt bald, um sich die Daten anzuschauen. Aber dann ist nichts mehr passiert. Von T-Mobile habe ich nichts mehr gehört und auch die Polizei hat sich nicht gemeldet.

Haben Sie T-Mobile auch auf den Österreicher hingewiesen, der ihnen die Daten verkaufen wollte?

Ja. Ich habe sogar Daten zu seiner möglichen Identität mitgeteilt. Aber soweit ich weiß, hat damals keine Durchsuchung oder ähnliches stattgefunden.

Die 17 Millionen Datensätze lagerten also zwei Jahre lang auf ihrem Computer?

Ja. Das hat etwa 2 bis 3 Gigabyte Speicherplatz blockiert. Außerdem musste ich die Sicherheitsvorkehrungen meines Computers heraufschrauben, damit nicht Unbefugte an die Daten herankommen.

T-Mobile hat 2006 also gewusst, dass bei Tobias Huch noch ein Satz der illegal kopierten Daten liegt. Warum hat das Unternehmen nicht versucht, die Daten zurückzubekommen?

Das habe ich mich auch gefragt.

War ihnen klar, dass unter den Kundendaten auch geheime Handynummern von Prominenten und Politikern waren?

Ich habe einen meiner Programmierer ein kleines Programm schreiben lassen, so dass ich mir die Daten mal näher ansehen konnte. Da stieß ich auf viele bekannte Namen. Dass zum Beispiel die Nummer von Charlotte Knobloch [Präsidentin des Zentralrats der Juden, d.Red.] nicht in die Öffentlichkeit gehört, war mir sofort klar.

Sie gelten ja als geschäftstüchtig. Haben Sie nie daran gedacht, die Daten zu Geld zu machen?

Natürlich sah ich, was für einen Wert ich da in der Hand hielt. Ein Missbrauch der Daten kam aber für mich selbstverständlich nicht in Frage. Es gibt Wichtigeres als Geld.

Die Telekom deutet an, Sie hätten sich 2006 deshalb gemeldet, weil Ihnen der Besitz der T-Mobile-Daten zu heiß geworden sein könnten...

Das ist eine dreiste Behauptung. Mein Anwalt kann bestätigen, dass ich mich damals aus Verantwortungsbewusstsein unverzüglich bei T-Mobile gemeldet habe. Auch habe ich nie versucht, Geschäfte mit den Daten zu machen. Vielmehr habe ich auf die angekündigten polizeilichen Ermittlungen gewartet. Aber nichts geschah.

Was wäre das Datenpaket auf dem Markt wert gewesen?

Wenn sich jemand geschickt anstellt, kann er daraus binnen eines Jahres 50 Millionen Euro Gewinn ziehen.

Zwei Jahre später haben Sie sich dann an Justiministerin Zypries gewandt. Wie kam das?

Wir saßen zufällig im gleichen Flugzeug, ich erkannte sie und sprach sie dann beim Aussteigen an.

Und wie hat sie reagiert?

Sie war sehr interessiert. Das war ja die Zeit, als es mit den Datenskandalen gerade losging. Ich sagte, dass ich Ihr auch eine SMS schicken könne, schließlich hatte ich ihre Mobilnummer auch im Computer. Das fand sie, glaube ich, ganz witzig.

Und dann?

Tatsächlich rief in meinem Büro drei Stunden später der Konzernsicherheits-Beauftragte der Telekom an, er nannte sich Herr Rupprecht und nahm direkten Bezug auf das Gespräch mit Frau Ministerin im Flugzeug. Ich war aber noch in Berlin. Mein Sekretariat hat mir die Kontaktdaten per SMS geschickt. Ich habe mindestens 20-mal binnen einer Woche versucht ihn zu erreichen. Auch ein Rückruf erfolgt nicht. Jedoch, die Schnelligkeit von Bundesministerin Zypries hat mich beeindruckt. Sie hat endlich Bewegung in die Sache gebracht.

Hat die Polizei Sie inzwischen kontaktiert?

Nein. Ich bin aber jederzeit zu einer Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft bereit und ich verstehe nicht, warum ich überhaupt die 17 Mio. Daten aufheben soll. Das ist absolut unnötig und für mich ein Risiko. In den vergangenen zwei Jahren hätte mich jede ermittelnde Stelle ohne Weiteres kontaktieren können.

INTERVIEW: CHRISTIAN RATH

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