Erzieherinnen für Berlin: Senat lernt Demokratie in der Kita

Durch Verhandlungen wendet der Senat das vom Landeselternausschuss Kita angestrebte Volksbegehren ab und investiert 73 Millionen Euro jährlich für zusätzliches Personal. Elternvertreter glücklich.

Bild: AP

Diese Einigung verkündete der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) höchstselbst: Stufenweise wird Berlin in den nächsten vier Jahren die Zahl der ErzieherInnen in den Kitas erhöhen, teilte er auf der wöchentlichen Pressekonferenz des Senats am Dienstag mit. Auch die Freistellung von Kita-LeiterInnen wird erleichtert.

Damit habe der Senat "eine solide Basis für deutliche pädagogische Verbesserungen" geschaffen, lobt Klaus Wowereit sich und seine KollegInnen. Gleichzeitig hat er mit diesen in Verhandlung mit dem Landeselternausschuss Kita (Leak) vereinbarten Verbesserungen noch ein anderes Ziel erreicht: Das Volksbegehren, mit dem der Leak gemeinsam mit dem Berliner Kitabündnis genau solche Verbesserungen erzwingen wollten, ist abgewendet. Das Begehren war im August 2008 vom Senat abgelehnt worden, da es zu stark in den Landeshaushalt eingriffe. Diese Begründung hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof Anfang Oktober für unzulässig erklärt.

Nun hat der Senat mit den Betreibern des Begehrens einen Kompromiss ausgehandelt, mit dem offenbar alle leben können: Der Personalschlüssel in Kitas soll schrittweise ab dem nächsten April bis zum Jahr 2013 um insgesamt ein Kind pro ErzieherInnenstelle gesenkt werden. Das bedeutet: Bei den unter Zweijährigen wird zukünftig eine Mitarbeiterin fünf statt derzeit sechs Kinder betreuen, bei den Drei- bis Sechsjährigen sinkt die Zahl der Kinder pro Erzieherin von zehn auf neun. Der erste Schritt des Stufenplans erfolgt bereits im April 2010 mit der Reduzierung des Bemessungsschlüssels um 0,5. Kita-Leiterinnen sollen ab 2012 bei einer Einrichtungsgröße von 140 Kindern, ab 2013 von 120 Kindern für Verwaltungsarbeit freigestellt werden. Derzeit erfolgt die Freistellung erst ab 162 Kindern.

Etwa 1.800 neue ErzieherInnen werden so benötigt - auf das Land kommen damit Mehrkosten von anfangs 22,1 Millionen, ab dem Jahr 2013 sogar 72,8 Millionen Euro im Jahr zu. Wie dies zu finanzieren ist, wird Sache des Finanzsenators sein.

Für die Eltern von Leak und Kitabündnis ist das Verhandlungsergebnis ein Riesenerfolg. "Wir sind sehr zufrieden", sagt Burkhard Entrup vom Leak. "Alle unsere Forderungen wurden erfüllt." Nicht zuletzt freut die Eltern, dass Verbesserungen bereits ab dem nächsten Jahr greifen werden - die Durchführung eines Volksbegehrens hätte nicht nur viel Geld gekostet, sondern frühestens im übernächsten Jahr Wirkung gezeigt. Auch Roland Kern vom Dachverband Kinder- und Schülerläden lobt die Einigung: "Das Ergebnis ist besser, als wir gehofft haben", so Kern.

Zufrieden äußern sich neben SPD und Linkspartei auch die Grünen. Sie hatten das Volksbegehren unterstützt. Auch die Berliner CDU unterstützt die Einigung und schlägt vor, einen "Teil des überflüssigen öffentlichen Beschäftigungssektors zur Finanzierung" heranzuziehen. Lob kommt zudem von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di kritisiert hingegen das Verhandlungsergebnis: Die Verbesserungen seien "unzureichend", heißt es in einer Presseerklärung.

Dass weiterhin viel zu tun bleibe im Bildungsbereich, räumt auch Klaus Wowereit ein: "Wir alle wollen noch mehr Verbesserungen." Das sei jedoch eine Frage der Finanzierbarkeit. Das von der schwarz-gelben Bundesregierung geplante Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kita schicken, hält er für "kontraproduktiv und absoluten Unsinn": "Wenn Kinder nicht in die Kita gehen, erzeugt das später Kosten, die ein Kitabesuch hätte verhindern können. Wir in Berlin wollen genau das Gegenteil."

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