Esso-Häuser an der Hamburger Reeperbahn: Wer ist schuld am Verfall?

Nach der Evakuierung der maroden Gebäude müsse die Eigentümerin Bayerische Hausbau belangt und nicht belohnt werden, findet die Initiative Esso-Häuser.

Über Jahre heruntergewirtschaftet: Die Esso-Häuser an der Reeperbahn. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Initiative Esso-Häuser hat vom Bezirk Hamburg-Mitte gefordert, die den Besitzer der maroden Immoblilien, die Bayerische Hausbau, mit strengen Auflagen zu bestrafen. Denn ein „Kaputtbesitzen“ dürfe nicht auch noch belohnt werden. Anwälte der Initiative werfen auch dem Bezirksamt selbst vor, die Missstände mitzuverantworten.

Das Bezirksamt hatte die Häuser in der Nacht zum Sonntag gesperrt, nachdem Bewohner von bebenden Wänden und rieselnden Decken berichtet hatten. Rund 100 Mieter mussten die Häuser verlassen. Die meisten wurden in Hotels einquartiert, bis es Ersatzwohnungen gibt. Am Mittwoch stellte die Bayerische Hausbau in Aussicht, auch für die Gewerbemieter Ersatzläden zu suchen. Eine Rückkehr in die Häuser schließt das Bezirksamt aus.

Schwere Vorwürfe erhebt Mietrechtsanwalt Bernd Vetter. Sehenden Auges hätten Bezirksamt und Senat die Gebäude verrotten lassen, ohne einzuschreiten. Der Anwalt hatte die Bayerische Hausbau im Oktober wegen massiver Verstöße gegen das Wohnraumschutzgesetz angezeigt. Der jetzige Eigentümer sei auch für die Versäumnisse des vorherigen Eigentümers Jürgen Schütze verantwortlich. 1997 hatte Schütze das Grundstück von der Stadt für fünf Millionen Euro gekauft. 2009 verkaufte er es für 19 Millionen Euro weiter an die Bayerische Hausbau. Heike Sudmann (Die Linke) kritisiert, dass die Stadt beim Verkauf des ehemals städtischen Grundstücks versäumt habe, Vertragsklauseln zum Weiterverkauf zu vereinbaren.

Aus Sicht der Initiative habe der gewinnorientierte Umgang mit Wohnraum Menschenleben gefährdet. „Wir fordern hundert Prozent Sozialwohnungen“, sagt Steffen Jörg von der Gemeinwesenarbeit St. Pauli. Investoren-Sprecher Bernhard Taubenberger will von den Vorwürfen nichts wissen. „Wir haben die Dinge instand gehalten, die instand zu halten waren“, sagt er. Aus seiner Sicht geht die Initiative „ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: der realitätsverweigernden Empörung“.

Bereits im Juni hatte ein Gutachten des Bezirksamtes festgestellt, dass die Häuser nicht mehr standsicher seien. Sofort wurden damals Tiefgarage und Balkone mit Stützpfeilern gesichert. Was genau die Häuser jetzt zum Wackeln brachte, ist Grote zufolge weiter unklar. Es gebe lediglich einen Hinweis: Am Abend der Evakuierung habe es drei ungewöhnlich laute Konzerte im Gebäude gegeben. Statiker haben am Montag Anzeichen für eine Erschütterung entdeckt: In der Tiefgarage gibt es Haarrisse im Beton. Anwalt Vetter vermutet, dass die Statik über Jahre vom Wasser der Waschstraße beschädigt wurde.

Bezirksamtsleiter Andy Grote sagt, er habe Verständnis für die Empörung. „Es ist schon so, dass der Zustand der Gebäude das Ergebnis einer jahrzehntelang unterlassenen Instandsetzung ist“, sagte er. Die Situation sei aber auch für die Bayerische Hausbau ein Desaster. Grote stellte dem Investor in Aussicht, den Abriss der Gebäude auf das erste Quartal 2014 vorzuverlegen. Es habe keinen Sinn, die Häuser länger stehen zu lassen.

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