Ethnische Säuberung von 1992: Weiße Armbänder für Nicht-Serben

Im Sommer 1992 begannen die ethnischen Säuberungen in der Stadt Prijedor. Serben und Bosniaken gedenken gemeinsam der Geschichte.

Bergung von Opfern in einem Massengrab nahe der Stadt Prijedor im Jahre 2013. Foto: reuters

SARAJEVO taz | Erstmals demonstrierten mehr als Tausend Serben und Bosniaken gemeinsam im Gedenken an die von den serbischen Nationalisten und Militärs ermordeten Bürger der Stadt Prijedor im Frühjahr und Sommer 1992. Damals am 31. Mai wurden die nichtserbischen Bürger vom serbischen „Krisenstab“ aufgefordert, sich mit weißen Armbändern kenntlich zu machen und weiße Flaggen an ihren Häusern zu hissen.

Danach begann der Terror der ethnischen Säuberungen. 27.000 Menschen wurden von der serbischen Soldateska in die Konzentrationslager Omraska, Trnopolje, Keraterm und Manjaca gebracht. Nach neuesten unvollständigen Angaben wurden im Sommer 1992 in Prijedor 3176 Menschen ermordet, darunter 258 Frauen und 102 Kinder.

Auch Demonstranten aus Bihac, Mostar, Sarajevo und Banja Luka kamen am Sonntag nach Prijedor. Auf dem Hauptplatz von Banja Luka trugen einige Dutzend Menschen weiße Armbänder und verharrten in Schweigen.

„Die weißen Armbänder erinnern nicht nur an die Ereignisse von damals, sondern auch an Kennzeichnung von Minderheiten im Faschismus während des Zweiten Weltkrieges“, sagte einer der Teilnehmer. In den Städten Brcko, Tuzla und Sarajevo kam es zu Solidaritätsaktionen.

Der Bürgermeister verweigert sich

Aufgerufen hatte die Graswurzelbewegung „Weil es mich angeht“, in der Menschen aller ethnischen oder religiösen Gruppen zusammenarbeiten. „Wir sind eine Graswurzelbewegung, die bewußt darauf verzichtet hat, ein Bündnis verschiedener Nichtregierungsorganisationen zusammenzubringen,“ sagt Goran Zoric, bekannter Menschenrechtler aus Prijedor. „Wir erinnern an alle Opfer der genozidalen Politik von damals, als ja nicht nur in Prijedor, auch in anderen Teilen Bosniens Menschen ermordet und unterdrückt wurden,“ erklärt der serbischen Menschenrechtler Srdjan Susnica in Banja Luka.

Vor dem Kaufhaus in Prijedor waren Würfel mit den Namen der 102 ermordeten Kinder aufgestellt. Auch einige Serben aus der Umgebung Prijedors schlossen sich dem Gedenken an. Der Familienvater Zoran Vuckovac aus Omarska erklärte der Zeitung Oslobodjenje gegenüber, „Kinder können doch keine Nationalisten sein. Wir müssen allen Opfern gedenken, wir wollen Gerechtigkeit.“

Die Demonstranten fordern, wenigstens ein Denkmal für die ermordeten Kinder in Prijedor aufzustellen. Bürgermeister Marko Pavic hat bisher alle Forderungen nach Denkmälern für die Opfer von 1992 zurückgewiesen, hat aber gleichzeitig die Stadt mit heroischen Stätten für die serbischen Soldaten des letzten Krieges überzogen.

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