EuGH-Urteil zu offenen WLANs: „Passwort aushängen geht nicht“

Der Europäische Gerichtshof lehnt es ab, dass WLAN-Betreiber bei Rechtsverstößen Schadenersatz leisten müssen. Aber: Eine Passwort-Pflicht ist okay.

Ein Oberkörper hinter einem Laptop

Surfen im Café? Könnte künftig schwierig werden Foto: ap

taz: Was heißt das Urteil für Nutzer von WLANs, etwa in Cafés?

Volker Tripp: Sie werden immer seltener ein Netz finden, das sie nutzen können. Und zwar nicht nur, was offene, also unverschlüsselte WLANs angeht. Auch mit einem Passwort geschützte WLANs werden seltener werden.

Warum?

Weil das Urteil neue Rechtsunsicherheiten für die Anbieter von WLANs schafft. Zum Beispiel sagt der EuGH, es reicht nicht, ein WLAN mit einem Passwort zu versehen. Sondern, dass das Passwort nur herausgegeben werden darf, wenn die Identität des Nutzers festgestellt wurde. Aber wie geht das? Per Ausweiskontrolle? Oder Scan des Ausweises? Wie lange muss der aufbewahrt werden? Und welche Pflichten in Sachen Datenschutz gelten dann? All diese Fragen werden Menschen davon abhalten, ihr WLAN zu öffnen. Einfach ein Passwort aushängen – das geht wohl nicht mehr.

Aber die klassische Abmahnung, bei der Betreiber Schadensersatz leisten muss, ist nach dem Urteil nicht mehr möglich. Könnte das nicht doch dazu beitragen, dass die Zahl der offenen Wlans steigt?

Das Abschreckende an einer Abmahnung sind ja nicht die paar hundert Euro für den Schadensersatz. Das Abschreckende ist das Gesamtpaket: Man muss zum Anwalt gehen, dort einiges an Geld lassen, hat jede Menge Ärger und ein hohes Risiko, falls doch noch mal ein Verstoß passiert.

44, ist Jurist und politischer Referent beim Verein Digitale Gesellschaft.

Der Bundestag hat im Juni die Haftung bei WLANs neu geregelt – ändert das Urteil etwas daran?

Leider nicht. Denn trotz des großen Tamtams damals hat der Bundestag Unterlassungsansprüche gegenüber Betreibern von Wlans eben nicht abgeschafft. Und genau das rächt sich jetzt. Denn der EuGH hat gesagt: Es liegt in der Hand der Mitgliedsstaaten, solche Unterlassungsansprüche zu regeln. Nur, wenn es die gibt, können sie durch Abmahnungen durchgesetzt werden. Wäre der Gesetzgeber also damals etwas mutiger gewesen und hätte die Unterlassungsansprüche abgeschafft, dann hätten wir jetzt nicht so eine unsichere Situation, wie wir sie durch das Urteil haben.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in der Praxis?

Ich gehe davon aus, dass die Gerichte reihenweise eine Passwortpflicht verhängen werden. Und die Abmahnindustrie wird sich weiterhin über Aufträge freuen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.