Europäische Flüchtlingspolitik: Gestrandet im Nirgendwo

81 Flüchtlinge sitzen auf einer unbewohnten spanischen Insel vor der Küste Marokkos fest. Die spanische Regierung lehnt jede Verantwortung ab.

Flüchtlinge aus Afrika versuchen über Marokkos Küste nach Spanien zu gelangen. Bild: dpa

MADRID taz | Flüchtlinge aus Afrika haben einen ungewöhnlichen Weg nach Europa entdeckt: Isla de Tierra heißt die kleine Insel vor der Küste Marokkos, von deren Existenz selbst die meisten Spanier nichts wussten, bevor sie vergangene Woche erstmals in die Schlagzeilen geriet. Die kleine Felseninsel, die als Überbleibsel einer kolonialen Vergangenheit unter der Hoheit Madrids steht, wurde in den vergangenen Nächten immer wieder wieder Ziel von Flüchtlingen.

Isla de Tierra ist selbst für ungeübte Schwimmer von Marokkos Stränden leicht erreichbar. Mittlerweile sitzen 81 Menschen aus Afrika auf dem unbewohnten Eiland fest. Sie fordern, auf das spanische Festland gebracht zu werden.

Spaniens Guardia Civil patrouilliert in Booten, die Armee aus dem nahegelegen Inselchen Peñon de Alhucemas versorgt die Flüchtlinge mit Essen, Trinkwasser und Decken. Sechs Frauen und Kinder wurden mittlerweile in ein Auffanglager nach Melilla, einer spanischen Exklave an Marokkos Mittelmeerküste, gebracht.

Für den Rest lehnt Madrid jede Verantwortung ab. „Wir können uns nicht durch humanitären Fragen erpressen lassen, mit denen so leicht Demagogie betrieben werden kann, um neue Wege nach Spanien zu öffnen“, heißt es aus dem Innenministerium in Madrid. Spaniens Regierung fordert ein koordiniertes Vorgehen der EU.

Die Isla de Tierra ist eine von vielen kleinen Inseln im Mittelmeer, die nach der Unabhängigkeit Marokkos bei Spanien verblieben. Seit Januar kommen immer wieder Flüchtlinge auf den unbewohnten Inseln an. Die meisten wurden umgehend abgeschoben. Madrid fordert von Marokkos Regierung „eine dauerhafte Lösung“ für das Flüchtlingsproblem. Rabat müsse die Küste besser kontrollieren, um das Ablegen von Flüchtlingsbooten zu verhindern.

Doch die marokkanische Regierung zeigt sich wenig kooperativ. Sie fordert die Hoheit über die unbewohnten Felsen im Mittelmeer. Laut spanischer Presse wurde ein für Mitte September geplantes bilaterales Treffen zu Grenzthemen „aus Terminschwierigkeiten“ um einen Monat verschoben.

Der Vertreter der spanischen Zentralregierung in Melilla, Abdelmalik El Barkani spricht von einer „von der Schleppermafia perfekt koordinierten Aktion“. Während in der Nacht zum Sonntag 70 Flüchtlinge auf Isla de Tierra ankamen, versuchten 60 weitere Personen den sechs Meter hohen Grenzzaun zwischen Marokko und Melilla zu überwinden. Die Guardia Civil verhinderte dies. In der Nacht zum Montag stürmten erneut 100 Menschen die Grenzanlagen. Je nach Quelle waren fünf bis zehn Flüchtlinge erfolgreich.

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