Europäisches Urteil zu Energietarifen: Unrechte Preiserhöhungen

Die deutschen Preisvorschriften für Strom und Gas von 2005 bis 2008 verstoßen gegen europäisches Recht. Das entschied jetzt der Europäische Gerichtshof.

Es rattert und rattert und rattert … Bild: dpa

LUXEMBURG/DÜSSELDORF afp | Bei Preiserhöhungen für Strom oder Gas müssen die Verbraucher schon vorab über die Gründe informiert werden. Allein ein nachträgliches Kündigungsrecht reicht nicht aus, wie am Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied. Danach verstießen die deutschen Preisvorschriften von 2005 bis 2008 gegen europäisches Recht.

Nach den damaligen Bestimmungen konnten die Versorgungsbetriebe Strom- und Gaspreise teilweise einseitig ändern, ohne hierfür die Gründe anzugeben. Betroffen waren sogenannte Tarifkunden, das sind meist langjährige Kunden mit eher geringem Verbrauch. Ihnen stand lediglich im Nachhinein ein Kündigungsrecht zu. Der Bundesgerichtshof (BGH) legte zwei Streitfälle dem EuGH vor.

Wie nun die Luxemburger Richter betonten, fordert das EU-Recht mehr Transparenz. Zudem sehe es nicht nur ein Kündigungsrecht vor, sondern auch die Möglichkeit, dass Kunden gegen eine Preiserhöhung klagen. Um diese Rechte wahrnehmen und sachgerecht entscheiden zu können, müssten sie „rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden“, urteilte der EuGH.

Abschließend muss nun wieder der BGH über den Streit entscheiden. Als Konsequenz des Luxemburger Urteils müssen aber wohl zumindest Tarifkunden, die sich gegen damalige Preiserhöhungen gewehrt haben, diese nicht bezahlen. Der EuGH lehnte es ausdrücklich ab, die rückwirkenden Auswirkungen seines Urteils zeitlich zu begrenzen. Es sei nicht erkennbar, dass dies „die gesamte Branche der Strom- und Gasversorgung in Deutschland erschüttern“ werde.

Verbraucherschützer sind erfreut

Der Bundesverband Verbraucherzentrale begrüßte die Entscheidung des EuGH: „Das Urteil ist ein gutes Urteil, weil es für Transparenz sorgt und die Tür für Rückforderungsansprüche betroffener Kunden offen lässt“, sagte der Energiereferent des Verbandes, Thorsten Kasper, der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Für Rückzahlungsansprüche sollten Verbraucher von einer dreijährigen Verjährungsfrist ausgehen, teilte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit. Wer Ansprüche aus Rechnungen von 2011 wahren wolle, solle jetzt reagieren und „klagen oder einen Mahnbescheid beantragen“. Dies sei aber nur Kunden mit einer Rechtsschutzversicherung zu empfehlen, warnten die Verbraucherschützer. (Az: C-359/11 und C-400/11)

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