Ex-Keeper coacht HSV-Damen: „Hammerfortschritte“ dank Rost

Der ehemalige Bundesliga-Torwart Frank Rost gibt sein Wissen als Trainer weiter. In der Regionalliga kümmert er sich ums Frauenteam des HSV.

„Ich finde es spannend, wieder von ganz unten anzufangen“, sagt der Übungsleiter der HSV-Damenmannschaft, Frank Rost. Bild: dpa

Es ist ein Stunde vor Trainingsbeginn, Frank Rost richtet in einer kleinen Holzhütte auf dem Trainingsgelände des HSV in Norderstedt einen Beamer ein. „Heute machen wir eine Videoanlyse des Spiels gegen den Bramfelder SV“, sagt er. Auch wenn die HSV-Frauen im Moment kleine Brötchen backen, muss das ja nicht heißen, dass der ehemalige Torhüter von Werder Bremen, Schalke 04 und dem Hamburger SV seinen Erfahrungsschatz aus 20 Jahren Profifußball nicht auspackt.

In dieser Hütte hat früher Nationalspielerin Kim Kulig die Journalisten zum Interview empfangen, da war sie der Star des Teams, nicht der Trainer. Kulig verließ vor eineinhalb Jahren das sinkende Schiff, im Mai dieses Jahres verkündete Vorstandschef Carl Jarchow das Aus für die komplette Bundesligamannschaft – „aus wirtschaftlichen Gründen“.

Die Vereinsoberen hatten zwar darauf hingewiesen, dass es Regionalliga-Fußball weiter geben werde, aber wohl kaum damit gerechnet, dass sich die Frauenabteilung als so resistent erweist. Bereits kurz nach dem heftigen Rückschlag begann sie, am Wiederaufstieg in höhere Gefilde zu arbeiten. Und dabei erhält sie hochkarätige Unterstützung.

„Es war mehr oder weniger Zufall, dass ich den Job angenommen habe“, sagt Frank Rost. „Nach meinem New-York-Aufenthalt sind wir wieder hier in meiner Hamburger Wahlheimat gelandet, da kam die Abteilungsleiterin auf mich zu, weil ich den Frauen öfter mal geholfen habe.“

Oythe statt New York

Nun also VfL Oythe oder SF Wüsting-Altmoorhausen statt New York, TSG Burg Gretesch statt Bayern München. „Neulich habe ich das erste Mal auf Grand gespielt“, schmunzelt der Trainernovize über eine spielerische Variante. „Ich finde es spannend, wieder von ganz unten anzufangen. Man lernt Dinge zu schätzen, die im Profifußball ganz selbstverständlich waren. Hier ist es schon ein Highlight, wenn man vernünftige Bälle hat.“

Rost nutzt diese Tätigkeit als Weiterbildung für andere Tätigkeiten im Fußballbereich. Obwohl er damit liebäugelt, den Fußballlehrerschein zu machen, sieht er seine Zukunft eher nicht auf dem Trainerstuhl. „Als Trainer im Profigeschäft bist du wieder Reisekader. Ich bin jemand, der sich mit einer Sache identifiziert und lieber länger an einem Ort bleibt“, sagt er.

Dass er sich mit seiner jetzigen Tätigkeit voll identifiziert, wird klar, wenn man über sein Team spricht. „Ich habe mich in den letzten Spielen vor allem über die fußballerischen Fortschritte gefreut. Das 3:0 gegen Bramfeld wurde über sechs, sieben Stationen herausgespielt. Als ich hier anfing, war das doch eher: langer Ball und hinterher.“ Vor der Saison galt die neue Mannschaft, in der nur drei Spielerinnen über Regionalligaerfahrung verfügten, als sicherer Abstiegskandidat.

Am Ende der Hinrunde steht sie nun auf Platz sechs, nur zwei Punkte hinter der 2. Mannschaft von Werder Bremen. Rost hätte sicher nichts dagegen, wenn sich diese Leistung bis zur HSV-Geschäftsstelle im Volkspark herumsprechen würde. „Beim Hamburger SV gibt es nicht so viele ehemalige Spieler wie in Bremen oder München, die dort hängen geblieben sind. In diesen Städten gibt es geballte Fußballerfahrung, das würde auch dem HSV gut tun. Aber ich bin keiner, der sich anbiedert.“

Gewöhnungsbedürftige Gangart

Anfangs mussten sich die Spielerinnen an Rosts Anspruchsdenken und seine Gangart gewöhnen, das gibt er selber zu. „Aber wer eine Vollkontaktsportart wie Fußball betreibt, muss fit in ein Spiel gehen. Ich kann keinen Nichtschwimmer ins Schwimmbecken stecken, bestimmte Qualitätskriterien muss ich erfüllen.“ Langsam strömen die Frauen in die Hütte und versammeln sich vor der Leinwand. Eine Stunde hängen sie nun an den Lippen von Rost, der Szene für Szene auseinandernimmt, motiviert, kritisiert und immer mal einen Scherz einstreut: „Nimm du ihn, ich hab ihn sicher.“

Die Frauen schwärmen von den „Hammerfortschritten“, die sie im letzten Vierteljahr gemacht haben. Zum Schluss hat Rost noch einen Wunsch an seinen Vorstand: „Wir wünschen uns eine positive, ideelle Unterstützung des Vereins – Ideen und Konzepte gibt es genug.“ So schnell wird der HSV leistungsorientierten Frauenfußball nicht los. Und Frank Rost auch nicht.

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